Bochum. Ab sofort nehmen 10 000 kleine Fische den Kampf gegen die so genannte Wasserpest im Kemnader See auf. Der Ruhrverband hat am Hafen Heveney massenhaft Rotfedern ins Wasser gekippt. Diese Karpfenart soll jetzt die Wasserpflanze Elodea im See eindämmen, indem sie sie einfach auffrisst.
Mit der Aktion am Montag soll vor allem der Wassersport auf dem See aufrechterhalten werden. Denn die Elodea hat seit dem Jahr 2000 derart stark im See gewuchert, dass sich Boote darin verheddern. „Für Wassersportler ist es schlichtweg der Horror, weil sie mit den Booten darin hängenbleiben”, sagt Thomas Brinkmann, der Betriebsleiter für die Stauseen im Ruhrverband.
Im Plastikschlauch ab ins Wasser
Plötzlich rollt Fischereimeister Marcus Kühlmann einen zehn Meter langen Plastikschlauch in Richtung des Ufers aus und - wusch! - rutschen tausende Fische ins Wasser. Es sind Rotfedern, eine Karpfenart. Und die große Hoffnung des Ruhrverbandes bei dem Versuch, endlich der wuchernden Wasserpflanze Elodea Herr zu werden und unter Wasser mehr Freiräume zu schaffen. Denn die Rotfedern sind die einzige heimische Karpfenart, die sich vor allem von der Elodea ernährt.
Das Problem mit der Elodea plagt den Ruhrverband - und die Wassersportler - seit dem Jahr 2000. Stausee-Betriebsleiter Thomas Brinkmann erklärt dies damit, dass sich durch die Erneuerung der Klärwerke seit den 90er Jahren (für eine viertel Milliarde Euro) die Wasserqualität so sehr verbessert habe, dass wieder mehr Licht nach unten dringe und somit die Elodea kräftig anwachse. Folge: Die Boote samt Schwert oder Schiffsschraube verknoteten sich oft.
Mähboot wird nur noch in dringenden Fällen benutzt
Zunächst versuchte man, das Problem auf konventionelle Weise zu lösen. Man setzte ein Mähboot ein, das die Elodea einfach wegsensen sollte. Das war aber, so Brinkmann, „nicht effektiv”. Die Pflanze hätte sich „sehr schnell wieder verkrautet”. Nur in dringenden Fällen wird das Mähboot heute noch eingesetzt. Hinzu kommen hohe Kosten: Pro Tag frisst es ein Loch von 2200 € in den Etat des Verbandes. Da haben die Rotfedern eine bessere Bilanz: Pro Tag frisst ein ausgewachsenes Exemplar 25 Gramm weg. Und die Kosten sind überschaubar: Die 10 000 Fische, die gestern ins Wasser rutschten, haben 5500 Euro gekostet. Geliefert hat sie die „Westerwälder Fischzucht Stähler” mit einem Lkw. Die Fische waren in Plastik-Containern verstaut.
Im Frühjahr sollen 180 Millionen Brütlinge da sein
Im Frühjahr sollen die Rotfedern laichen. 180 Millionen Brütlinge sollen dabei herausspringen, sagt Fischereimeister Kühlmann. Aber davon würden nur etwa zehn Prozent überleben. Diese Quote sei eine normale Sterblichkeit.
Ein Experiment
Es wird viele Jahre dauern, bis sich der Bestand aufbaut. Ob das Elodea-Problem dann gelöst wird, ist aber offen. Alles ist erstmal nur ein Experiment.
Einer profitiert aber jetzt schon: der Kormoran. Der hatte am Montag seinen Spaß angesichts so viel neuer Nahrung.