Bochum. . Nach einem besonders schweren Fall von Quälerei schilderte vor dem Landgericht das Opfer, eine zur Tatzeit 16-jährige Bochumerin, was sie alles erleiden musste. Laut Anklage wurde sie von vier jungen Angeklagten zwei Tage lang eingesperrt und misshandelt, weil sie im Verdacht stand, 50 Euro gestohlen zu haben. „Ich hatte echt Angst, dass ich sterbe.“

Es war eine gnadenlose Quälerei und Mitleidlosigkeit. Am vergangenen 2. und 3. März war eine damals 16-jährige Bochumerin von vier Bekannten in eine Küche eingesperrt und schwer misshandelt worden. Sie wollten sie offenbar bestrafen, weil sie sie im Verdacht hatten, von einem von ihnen 50 Euro gestohlen zu haben. Am Dienstag schilderte das Opfer sein Martyrium vor dem Landgericht. Dort müssen sich drei Männer (16, 19, 25) und eine 16-Jährige für das Verbrechen verantworten. Sie stammen aus schlimmen Familienverhältnissen und sind allesamt geständig.

Das Opfer hatte damals in der Wohnung des Ältesten der jetzt Angeklagten - nahe Ruhrstadion - an einer kleinen Party teilgenommen. Abhängen - wie man im Jugendjargon sagt. Einige sollen Drogen konsumiert haben. „Die hatten Pep gezogen“, sagte die Zeugin. „Ich aber hatte nichts intus.“ Über Nacht schlief sie in dieser Wohnung, ebenso ihr damaliger Freund (16), der jetzt ebenfalls angeklagt ist. Am nächsten Vormittag fielen laut Anklage alle miteinander wegen des Diebstahlverdachts über sie her.

Das Opfer berichtete, dass man sie vom Bad aus an den Haaren in die Küche gezerrt, mit einem Teleskopstock gegen den Kopf und das Knie geschlagen, mit Handschellen auf dem Rücken gefesselt und mit einem Schal die Augen verbunden habe. „Dann wurde mir was in den Mund getan. Ich denke, ein Socken, damit ich nicht schreien kann.“ Mit einem Messer habe man dann in ihren Arm gestochen und Jodsalz in die Wunde gestreut, „damit ich noch mehr Schmerzen erleide“.

„Ich hatte echt Angst, dass ich sterbe“

Die heute 17-Jährige erzählte, wie man ihre Hand für mehrere Sekunden auf eine heiße Herdplatte gedrückt, ihr fünf Finger umgeknickt und sogar Folter im Intimbereich angedroht habe. Auch vom Ausschälen der Augen sei die Rede gewesen. Außerdem hätten die Angeklagten - auch ihr Freund - ihr mehrfach ins Gesicht geschlagen.

Von Samstagvormittag bis Sonntagabend war das Opfer in der Küche eingesperrt und musste auf dem Boden schlafen. „Und ich durfte auch nicht auf Toilette gehen.“ Sie habe einen Messbecher benutzt. Von den Fesseln und dem Knebel hatte sie sich nach einer Zeit selbst befreien können.

Ihr Gefängnis, die Küche, hatte zwar Fenster. „Ich hätte um Hilfe rufen können, aber ich hatte Angst, dass noch mehr passiert.“ Und: „Ich hatte echt Angst, dass ich sterbe.“ Vor Gericht beklagte sie außerdem: „Es kam keiner auf die Idee, die Polizei zu rufen. Keiner hat die Tür aufgeschlossen, keiner hat was gemacht!“ Vor allem die angeklagte 16-Jährige soll sich bei den Quälereien hervorgetan haben - bis dahin die beste Freundin des Opfers.

Nachdem die Angeklagten ihr Opfer damals nach offenbar rund 30 Stunden freigelassen hatten, ging sie in eine Klinik und dann zur Polizei. Den Diebstahl-Vorwurf weist sie übrigens zurück.

Zwei der Angeklagten haben dem Opfer einen Entschuldigungsbrief geschickt. „Ich habe voll das schlechte Gewissen“, schrieb einer. „Jeder hat seine Strafe verdient, also soll ich auch eine bekommen.“ Und: „Gott wird mich dafür bestrafen.“

Die Urteile folgen noch.