Bochum. .

Wer in diesen Tagen über Laer spricht, der tut dies sehr wahrscheinlich im Zusammenhang mit Opel oder aber er denkt über eine neue Küche nach. Theodor und Ingrid Wittler erwähnen das Möbelhaus und den Autohersteller zwar auch, doch denken sie eher an die Menschen, die sie in Laer gekannt haben, an die Straßen und Geschichten ihrer Jugend. Denn beide wuchsen nur wenige Hundert Meter voneinander auf: „Wir konnten uns zuwinken.“ Mit Folgen: Seit mehr als 50 Jahren sind sie verheiratet und sich und Laer treu geblieben.

Dort an der Suntumer Straße, wo Familie Wittler lebt, stand bis Anfang der 60er Jahre eine weit über den Stadtteil bekannte Mühle, die Wittler-Mühle: „Vor allem nach dem Krieg in der Notzeit, standen die Wagen und Karren der Bäcker die ganze Straße hinauf“, erinnert sich Theodor Wittler. Beinahe rund um die Uhr drehten sich die schweren Mühlsteine. Die Mühle hatte sein Vater, Josef Wittler, der einst aus dem sauerländischen Thülen nach Laer gekommen war, am 1. August 1927 von der Familie Brüning übernommen.

Die verloren gegangene Zeit des dörflichen Laer

Genau dort, wo einst die alte Mühle stand, lebt das Ehepaar Wittler noch heute. Vor allem der blumenreiche Garten mit prachtvollen Dahlien, urtümlichen Stockrosen und leuchtenden Sonnenblumen ist der Stolz des Ehepaares. Als Tischplatte erinnert im Garten ein Mühlstein an die Geschichte der Mühle.

Ingrid Wittler ist ein wenig traurig über die verloren gegangene Zeit des dörflichen Laer. „Früher kannte hier jeder jeden, das ist lange vorbei.“ Heute lebt der Großteil der Bevölkerung in dem Gebiet entlang der Wittener Straße. Schaut man auf ein Luftbild, so wirken die Häuser beinahe wie eine Fortsetzung der (Noch)-Autofabrik.

Doch allzu großspurige Bauprojekte im Zusammenhang mit dem zunächst boomenden Opelwerk wurden nicht verwirklicht. Zum Glück, so empfinden es zumindest alteingesessene Laersche. Von der geplanten Trabantenstadt mit überdimensionalem Kaufhaus und Hochhäusern sind nur einige Blöcke am Werner Hellweg verwirklicht worden. Auch eine Fußgängerbrücke über die Wittener Straße, die eigentlich überdimensioniert ist, erinnert an das Vorhaben aus dieser Aufbruchszeit.

Spaziergang gerät zu einer Zeitreise

Während Theodor Wittler seine Erinnerungen durch die Jahrzehnte fliegen lässt, untermauert er die Geschichten mit alten Fotos. Auf einem Bild ist der 15-jährige Theodor mit Klassenkameraden zu sehen. Alle mit kohlschwarzer Haut und im Zeug des Bergmanns. „Ja, dass war damals auf der Zeche Mansfeld, die wollten uns zu Bergleuten machen.“ Seine Frau ergänzt: „Aber nur ein einziger Junge aus der Klasse wollte diesen Weg einschlagen. Bergelektriker wollte der werden aber da wurde nichts draus, der hat schließlich bei Opel angefangen“, erinnert sie sich.

Der Spaziergang gerät zu einer Zeitreise, vor den Augen der Wittlers verschwinden sie wieder, die Häuser aus den 60er, den 70 Jahren. Mit einer kurzen Kopfbewegung weist Theodor Wittler auf eine schräge Böschung direkt neben dem Sportplatz des LFC.

Dort habe es direkt nach dem Krieg eine Kleinzeiche gegeben, sechs, sieben Mann hätten dort recht erfolgreich die dort zu Tage tretende Kohle abgebaut. Damals hatte niemand gefragt, ob dies erlaubt sei.

Dort, wo heute im Bereich des Werner Hellwegs oder der Gorch-Fock-Straße die Mehrfamilienhäuser stehen, gab es einst Gärten und kleine Selbstversorger. Durch die großen Bauprojekte verloren sie ihr Land, wurden jedoch oft. mit Grund in der Nähe entschädigt.