Bochum. .

Die Preise für deutsche Frühkartoffeln waren in diesem Jahr so hoch wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Das kalte und nasse Frühjahr hatte den zarten Knollen zugesetzt. „Sonst kommen Mitte Mai die ersten Kartoffeln aus der Pfalz, in diesem Jahr kamen sie erst Ende Mai und nur in kleinen Mengen“, berichtet Kartoffelgroßhändler Fritz Sieg aus Werne.

Erst habe er die Ware gar nicht kaufen wollen, aber da die Preise über drei, vier Wochen auf diesem hohen Niveau gehalten worden seien, habe er doch mitgezogen:„Pro Kilo war ich bei einem Euro im Großhandelsverkauf, sonst waren es um die 70 oder 80 Cent“, so Sieg. Laut statistischer Erhebungen der Agrarmarkt- und Informationsgesellschaft (AMI) sinkt der Kartoffelpreis aktuell wieder – doch die Knollenkrise entspannt sich vermutlich nur vorübergehend.

Große Hitze und starker Regen

Die Bochumer Kartoffelexperten schätzen, dass es ein problematisches Erntejahr bleiben wird. Wie sich die Preise ab der nächsten Ernte ab Mitte August entwickeln werden, sei noch ungewiss, sagt Fritz Sieg. Denn während das kalte und nasse Frühjahr die Frühkartoffelernte verringerte, litt die länger reifende, festschalige Kartoffel auch noch unter großen Regen- und Hitzeperioden im Laufe des Sommers.

„Extreme Wetterverhältnisse sind eine Katastrophe für den Kartoffelanbau. Wir hatten hier in Bochum zum Beispiel die große Hitze im Juni und dann kam der starke Regen am 20. Juni“, beschreibt Kartoffellandwirt, Wilhelm Wiesmann. Durch viel Wasser und anschließende Hitze könnten Spalten im Boden entstehen. Durch diese strahle die Sonne direkt auf die Knollen, so dass sie grün und ungenießbar würden, erklärt er.

Wiesmann baut seit neun Jahren als nebenberuflicher Landwirt auf fünf seiner 25 Hektar Land in Laer Kartoffeln an – und das als einziger Kartoffelerzeuger Bochums, sagen Sieg und Wiesmann. Seine Ernte, die pro Hektar etwa 30 bis 35 Tonnen Kartoffeln umfasst, verkauft er ab September in einem Kartoffelwagen am Werner Hellweg und in Altenbochumer Supermärkten. Wiesmann rechnet in diesem Jahr mit einem Drittel weniger Ernte und demzufolge mit einem Preisanstieg von bis zu 30 Prozent. „Ich habe ja bei der Ernte trotzdem den gleichen Aufwand“, erklärt er.

Kartoffelkrise vor 30 Jahren

Auch Günter Nebe, seit 60 Jahren Kartoffelmarkthändler in Wattenscheid und Bochum, kann sich kaum erinnern, wann die Kartoffel das letzte Mal einen derartigen Preissprung gemacht hätte. Mindestens 30 Jahre sei das sicher her, schätzt der fast Achtzigjährige.

Kosteten fünf Pfund Kartoffeln im vergangenen Jahr 3,50 Euro, nimmt Nebe heute 4 Euro. Für seine Kunden sei dies kein Problem sagt er. Befragte Kunden bestätigen dies auch – es komme auf die Qualität an, so der Tenor. „Ich habe eher das Gefühl, die Kartoffel erhält dadurch wieder eine größere Wertschätzung“, sagt Nebe.