Bochum. . Sie galt als Favoritin, als die Kleine mit der großen Röhre. Umso krasser war die Enttäuschung, als feststand: Es hat nicht zum Sieg gereicht. Das Duo Mrs. Greenbird machte im November 2012 im Finale der TV-Castingshow „X-Factor“ das Rennen. Melissa Heiduk blieb Platz 2. Ein halbes Jahr später fühlt sich die Harpenerin mehr denn je als Verliererin. „Alles, was ich erwartet hatte, blieb aus.“
Vom Mauerblümchen zum Vamp: Der Fernsehsender Vox hatte ganze Arbeit geleistet, um Melissa optisch zum Superstar zu trimmen. Für die Liveshows wurde der eher unscheinbaren 23-Jährigen ein komplett neues Styling verpasst. „Anfangs habe ich mich selbst nicht erkannt“, sagt sie.
Unverkennbar blieb die Stimme, trainiert bei ihren Karaoke-Abenden im Bermuda-Treff „Kult“. Nicht nur dort drückten viele Bochumer vor dem Bildschirm die Daumen, als Melissa Runde um Runde überstand. H.P. Baxxter (Scooter) prophezeite als Juror und Mentor eine steile Karriere. Der Traum, von der Musik leben zu können, schien so nahe, dass Melissa ihren Job im Weitmarer Optikgeschäft ihres Vaters kündigte.
Nicht einen Cent verdient
„In den ersten fünf Monaten nach der Show habe ich nicht einen Cent verdient. Gut, dass der Sparkassenchef ein Fan von mir ist“, lacht Melissa heute. Es ist ein bitteres Lachen. Klar: Das Schicksal der meisten Casting-Kandidaten ist ihr bekannt. Hochgejubelt. Wochen, vielleicht Monate vom Erfolg beschienen. Dann weg vom Fenster. Doch Melissa sieht sich als Opfer. „Zusagen wurden gebrochen. Ich habe nie eine Chance bekommen.“
Im WAZ-Gespräch macht sie der Plattenfirma Sony Vorwürfe. Der alleinige X-Factor-Ruhm, die alleinige mediale Aufmerksamkeit sei auf Mrs. Greenbird gelenkt worden. „Ich wurde fallengelassen. Mein Finalsong ,Send me an Angel’ wurde nie gepresst, vom Album ganz zu schweigen. Es gab keinerlei Anfragen für Sendungen oder Interviews. Sony will Mrs. Greenbird keine Konkurrenz machen“.
Der Vertrag mit Sony (die nicht auf eine WAZ-Anfrage reagierten) ist ausgelaufen. Für Melissa geht es langsam aufwärts. Die Gagen für kleinere Auftritte bei Straßenfesten sind überschaubar, verhindern aber den Gang ins Jobcenter: „Ich kann ja nur Musik.“
Melissa moderiert jetzt Karaoke-Party im Bermuda3eck
Sie träumt weiter. H.P. will sich „bald mal melden“. Bis dahin macht sie wieder Karaoke im „Kult“. Ohne falsche Kostümierung. Als die echte Melissa Heiduk.
Sollte Sony die Strategie verfolgt haben, allein den X-Factor-Gewinner Mrs. Greenbird zu vermarkten, ist die Rechnung aufgegangen: Das Debüt-Album des Folkduos landete auf Platz 1 und wurde mit Gold ausgezeichnet.
Die Zweitplatzierte Melissa Heiduk kehrt derweil zu ihren musikalischen Wurzeln zurück. Aber sofort moderiert sie donnerstags (21 Uhr) wieder die Karaoke-Party im „Kult“ an der Kortumstraße 15.