Bochum. Für die Stadt Bochum wird es immer schwieriger, geeignete Pflegefamilien zu finden. „Man tut etwas Gutes für die Kinder“, schildert eine Pflegemutter ihre Erfahrung.

Die Familie ist für Kinder ein wichtiger Erfahrungsraum. Sie sollte emotionale Stabilität und Zuwendung bieten. Doch wenn die leiblichen Eltern nicht in der Lage sind, diese Unterstützung zu gewährleisten, muss eine Alternative gefunden werden. Das gestaltet sich in Bochum immer schwieriger. „Wir suchen händeringend nach Pflegeeltern“, sagt Beatrix Behrenbeck vom Jugendamt.

Gera Helia* ist seit fünf Jahren Pflegemutter eines Mädchens. „Wir haben Sara* vier Tage nach der Geburt aus dem Krankenhaus abgeholt“, sagt Helia, für die „die Kleine inzwischen wie ein leibliches Kind“ ist. Die „Bauch-Mama“, wie sie Saras leibliche Mutter in ihrem neuen Zuhause nennen, sei psychisch krank und nicht in der Lage, Verantwortung zu übernehmen.

Treffen unter Aufsicht des Jugendamts

Sara trifft sie in mehrwöchigem Abstand unter Aufsicht des Jugendamts. Doch das Mädchen fühlt sich in seiner neuen Familie wohl und hat Angst, wieder zur leiblichen Mutter zurück zu müssen. „Das ist aber sehr unwahrscheinlich“, sagt Gera Helia, die neben Sara einen leiblichen, zehnjährigen Sohn hat, der das Mädchen als Schwester anerkennt.

Wenn das Jugendamt auf eine Situation aufmerksam wird, in der die leibliche Familie aufgrund von Trennung, Krankheit, Tod oder mangelnder Erziehungsfähigkeit das Wohl des Kindes nicht gewährleisten kann, wird unter den Pflege-Bewerbern zunächst eine Möglichkeit zur kurzfristigen Unterbringung gesucht. Innerhalb dieser so genannten Bereitschaftspflege hatte das Ehepaar Helia vor Sara schon mehrere Kinder übergangsweise aufgenommen. „Mit älteren Kindern ist es oft komplizierter“, sagt Gera Helia. Dennoch machte sie auch mit der Kurzzeitpflege gute Erfahrungen. „Man tut etwas Gutes für die Kinder“, sagt sie.

Nach Bereitschaftspflege geht das Kind wieder nach Hause

Im Anschluss an die Bereitschaftspflege wird das Kind in der Regel zu seiner leiblichen Familie zurückgebracht. Ist diese Perspektive nicht realistisch, kann sich eine Vollzeitpflege wie in Saras Fall ergeben. Sowohl für das Kind als auch für die Pflegeeltern können sich nach Angaben des Jugendamtes Unsicherheiten und Probleme ergeben. Manche Kinder weisen Symptome seelischer Not wie Aggressivität oder Konzentrationsstörungen auf, die sich auf ihre Vorgeschichte oder die Veränderung durch neue Regeln und Systeme gründen.

„Einfühlsamkeit ist eine Kernvoraussetzung, um die Kinder mit ihren Schwierigkeiten anzunehmen, ihnen Geborgenheit und Schutz zu bieten“, sagt Beatrix Behrenbeck vom Jugendamt. „Am wichtigsten sind die persönliche Eignung, Belastbarkeit und stabile Verhältnisse, um die Erlebnisse des Kindes aufzuarbeiten.“

Bewerbungen nur mit Führungs- und Gesundheitszeugnis

Wer als Paar oder alleinstehende Person ein Kind aufnehmen möchte, kann sich beim Pflegekinderdienst des Jugendamts informieren und mit einem Bewerbungsbogen, polizeilichen Führungs- und Gesundheitszeugnis bewerben. Tel.: 0234/9 10 -30 97 und -31 48. Für potenzielle Pflegeeltern bietet das Jugendamt verbindliche Vorbereitungsseminare sowie psychische oder juristische Begleitangebote. „Das Jugendamt lässt einen nicht im Regen stehen“, so Gera Helia.

Wer ein Pflegekind aufnimmt, bekommt finanzielle Unterstützung: Für die Bereitschaftspflege einen Tagessatz von 37 Euro, für Vollzeitpflege je nach Alter des Kindes ein Pflegegeld in Höhe von 690 bis 874 Euro monatlich. 2012 waren in der Region Bochum 64 Kinder in Bereitschaftspflege, rund 400 in Vollzeitpflege.

*Namen von der Redaktion geändert