Die „Aufsuchende Medizinische Hilfe für Wohnungslose Bochum“ hat eine neue Anlaufstelle. Ehrenamt und Spendengelder ermöglichen ihre Arbeit. Die Stadt stellt weder Geld noch Personal - jedoch die Mietkosten.
Wohnungslose und mittellose Menschen leben häufig abseits, aber ebenso mitten in unserer Gesellschaft. Damit sie einen verbesserten Zugang zum Gesundheitssystem haben, gründete sich die Aufsuchende Medizinische Hilfe für Wohnungslose Bochum.
Der Startschuss fiel hierzu bereits 1997. Der Vorsitzende Paul Weyand, Doktor für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, beschreibt die Grundmotivation der gemeinnützigen Arbeit: „Wir wollen nicht, dass kranke Menschen vor verschlossenen Türen stehen.“ Die Türen zu einem Behandlungsraum haben sich indes gewandelt.
Ein eiliger Umzug
Da die Stadt Bochum das Gebäude des alten Behandlungsraums an der Arndtstraße verkaufen will, musste schnell, innerhalb von zehn Tagen, ein neuer, passender Ort her. Dieser wurde an der Stühmeyerstraße 33 gefunden, direkt bei der Bochumer Suppenküche. Die Mietkosten des Vereins werden von der Stadt getragen.
Die Nähe zu den Bedürftigen in der Suppenküche sei hier von Vorteil, um bedürftige Menschen zu erreichen, so Paul Weyand. Deren Schwellenängste für einen Arztbesuch, auch bei schwersten Erkrankungen, seien hoch. „Sie setzen sich häufig nicht in eine Praxis, weil sie sich schämen oder nicht so sozialisiert sind.“ Nach dem eiligem, aber geglückten Umzug, konnten bereits wenige Tage später im März die erste Sprechstunde abgehalten werden. Paul Weyand erklärt die Voraussetzung für das Angebot:
„Alle Ärzte arbeiten ohne jede Vergütung.“ Zu tun gibt es für sie und die ehrenamtlichen Krankenschwestern reichlich. Dr. Reinold Müller, ehrenamtlicher Arzt des Vereins, nennt die Vielzahl an Erkrankungen von Wohnungslosen. Atemwegserkrankungen, darunter selbst die lebensgefährliche chronisch obstruktive Bronchitis, Hauterkrankungen, Diabetes und häufige psychische Erkrankungen werden von ihm unter anderem genannt.
Hinzu kommt: „Fast alle werden Alkoholiker. Ganz wenige schaffen es ohne Alkohol.“ Das Leben auf der Straße ist unglaublich hart – nicht nur im Winter. Die Ausgaben des Vereins, etwa für Medikamente steigen derweil, berichtet Geschäftsführerin Jutta Niederkinkhaus: „Es gibt zwar keine Praxisgebühr mehr, die wir tragen müssen, aber vermehrt Patienten aus dem Ausland.“ So führe auch der Zuzug aus Südosteuropa zu einem Anstieg der Fallzahlen in Bochum. Umso mehr ist sie für die vielen Spender dankbar: „Wir haben viele Spender aus Bochum, die sagen: ‘Ich will wissen wo das Geld ankommt!’“ Ohne diese Geldmittel sei das Kernziel nicht zu verfolgen, so die Geschäftsführerin. Jutta Niederkinkhaus es: „Jeder wird behandelt!“