Bochum.. Heinrich Witek, erst Hauer im Pütt, dann Pfannemann in einer Gießerei, hat sich sein Leben lang nicht geschont. Nach langer Krankheit trat er nun den Weg zur Arbeitsagentur an. Doch über den Bewilligungsbescheid stutzte er. 833,40 Euro Arbeitslosengeld - verdächtig wenig, fand er, und hakte nach.

Heinrich Witek ist 49 Jahre alt. Was Maloche ist, braucht er sich von niemandem erklären lassen. Da macht dem gelernten „Berg- und Maschinenmann Vortrieb und Gewinnung“, der Volksmund sagt schlicht Hauer, so schnell keiner was vor. Als sein letzter Pütt, die Dorstener Zeche Fürst Leopold, dicht machte, fackelte er nicht lange und fand 1998 einen neuen Job im Wittener Eisenwerk Böhmer, einer Gießerei – als Pfannenmann. Ungekündigt, bis heute.

Nach Krankheit blieb nur die Arbeitsagentur

Doch jetzt, wo sein Rücken kaputt ist und die Zuckerkrankheit ihn mürbe gemacht hat, blieb dem Bochumer nach monatelanger Krankheit nur der Gang zur Arbeitsagentur. Und da hatte er auf einmal, wohl zum ersten Mal in seinem Leben das Gefühl, dass ihm hier irgendwas vorgemacht werden sollte: „Bekannte sagten mir, lass doch. Aber da kann was nicht stimmen mit der Berechnung des Arbeitslosengeldes, deshalb bin ich gekommen“, sagte Witek in seiner nüchternen Art. Nein, er ist kein Querulanten-Typ, aber er hat das direkte Gerechtigkeitsgefühl, was er teilt mit den Bergleuten, denen er sich bis heute verbunden fühlt.

Die Arbeitsagentur schickte ihm wenige Tage vor Weihnachten seinen Bewilligungsbescheid über das Arbeitslosengeld zu. 833,40 Euro stünden im monatlich zu, für ein Jahr, so steht es im Bewilligungsbescheid. „Das kam mir wenig vor, also hab ich mich an meine Beraterin gewandt“, berichtet Witek. Dort habe man ihm dann knapp gesagt, das sei schon korrekt, er werde als „Ungelernter“ geführt.

Der Hauerbrief glänzt mit der Gesamtnote gut

Das wollte er nicht auf sich sitzen lassen. Zum Besuch in der Redaktion hat er ihn mitgebracht, den Hauerbrief, das Prüfungszeugnis, ausgestellt am 30. Juni 1981 von der Industrie- und Handelskammer zu Dortmund. „Gesamtnote gut hab’ ich geschafft. Das hatten damals unter den insgesamt 600 Lehrhauern der Ruhrkohle gerade mal vier Man“, sagt er stolz.

Mitgebracht hat er auch seine Arbeitsverträge, den von der Schachtanlage Minister Stein, den vom Bergwerk Fürst Leopold und auch den von der Wittener Eisengießerei. 17 Jahre schuftete er Unter Tage und weitere, 14 Jahre an den glühend heißen Pfannen der Gießerei. Als er dann die Höhe des Arbeitslosengeldes sah, fühlte er sich gelinge gesagt verschaukelt.

Die Agentur will das Arbeitslosengeld neu berechnen

Die WAZ kümmerte sich und nach einer ersten Prüfung des Sachverhaltes räumt die Bochumer Agentur einen Fehler ein: „Wir werden sein Arbeitslosengeld umgehend neu berechnen. Wir haben einen Fehler gemacht und dafür entschuldigen wir uns“, sagte eine Sprecherin. Einzelheiten könnte die Agentur auch wegen des Schutzes der Persönlichkeit nicht mitteilen. Heinrich Witek freute sich jedenfalls bereits und wartet auf das Ergebnis der Neuberechnung.

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Von Jürgen Boebers-Süßmann