Bochum. 48 Tonnen Abfall pro Monat sammelt der USB in Bochum an den Containerstandplätzen ein. Immer mehr Umweltsünder laden ihren Müll neben den Behältern ab.

Neue Tapeten, neuer Teppich, neue Wandfarben: Die Wohnung dürfte nach der Renovierung behaglich aussehen. Ganz anders als die Wiese an den Glas- und Papiercontainern am Hustadtring, auf der der saubere Handwerker seine Hinterlassenschaften des Wochenendes deponiert hat. Tapeten- und Teppichreste, Pinsel, Farbeimer, Folien und weiterer Unrat: Raus aus dem Kofferraum, ab an Straßenrand. Dauert nur Sekunden. Sieht ja keiner. Bestraft ja keiner.

318 Containerstandorte machen den Bochumern das Entsorgen von Glas und Papier leicht. Gut, die Behälter in der Nähe zu wissen. Schlecht, sie direkt vor dem Haus oder Fenster zu haben. Schmutz und Lärm schrecken ab. Hinzu kommt: Für die Leerung muss ein 40-Tonner durch die Straße passen. „Das“, weiß USB-Einsatzleiterin Andrea Giesenberg, „ist in Wohngebieten oft nicht möglich.“

"Montags ist es besonders schlimm"

Folge: Die Container stehen meist dort, wo sie nicht stören, für Bürger und Entsorger aber gleichermaßen gut erreichbar sind: an Pisten abseits von Wohnbebauungen, dem Blick (und der Kontrolle) von Anwohnern entzogen.

Ein ideales Umfeld für die Nunkis, die Nacht- und Nebelkipper. Jeder dritte der stadtweit 318 Stellplätze wird ständig als wilde Müllkippe zweckentfremdet. Täglich sind vier USB-Trupps mit jeweils zwei Mitarbeitern im Container-Einsatz: wohlgemerkt nicht, um die Behälter zu leeren, sondern allein dafür, das Umfeld von Dreck und Abfall zu befreien. 48 Tonnen Müll lesen sie Monat für Monat auf, werktäglich 2000 Kilogramm.

„Montags ist es besonders schlimm“, streifen sich Jürgen Kurmann und Ronny Badtke die speckigen Arbeitshandschuhe über. Wenn sich die Straßenreiniger mit ihrem Kehrichtwagen am Morgen aufmachen, wissen sie, was sie erwartet: stinkende, tropfende, klebrige Relikte des Wochenendes, in Tüten, Säcken und Pappkartons (das Auto soll ja sauber bleiben) rücksichtslos vor, neben und hinter die Container geschmissen.

Strafen gefordert

An der Semperstraße ist nicht nur der gepflasterte Stellplatz, sondern auch der angrenzende Grünstreifen zugemüllt. Der USB-Trupp hievt neben Renovierungsresten u.a. einen Kindersitz, eine Lampe und Altreifen auf die Ladefläche. Am Hustadtring müffelt der Unrat im 10-Meter-Umkreis. Ins Auge fällt eine Matratze, säuberlich halbiert, damit sie ins Auto passt. „Das ist Sperrmüll. Und der ist gratis. Warum landet der hier?“, rätselt Jürgen Kurmann und findet nur eine Antwort: „Bequemlichkeit. Die Umwelt? Ist diesen Menschen egal. Irgendeiner macht’s ja weg.“

Ausgediente Möbel (an der Stefanstraße wurde neulich ein komplettes Badezimmer abgestellt), Teppiche, Fernseher, Kühlschränke (ohne Motor, der gibt Geld beim Schrotthändler), Gartenabfälle, Elektroschrott, Reifen, Farben und Lacke, Verpackungen: Der meiste Müll, der an den Containern abgelegt wird, könnte auf einem der sechs Bochumer Wertstoffhöfe kostenlos und umweltfreundlich entsorgt werden. Jeder Haushalt kann zudem einmal jährlich die Sperrmüllabfuhr ordern. „Um so ärgerlicher ist diese ständige Umweltverschmutzung. Man versteht es nicht“, zürnt Einsatzleiter Klaus Poppe. „Ein Skandal“, schimpft eine Passantin an der Semperstraße, die ihre gesammelten Tageszeitungen einer Woche ordentlich in den Papiercontainer wirft. „Diese Leute müssten bestraft werden. Aber so, dass es wehtut!“

Bis zu 200 Euro Bußgeld

Das ist nicht leicht. Problem: die Beweisführung. „Es gibt durchaus Bürger, die uns anrufen, um einen wilden Kipper zu melden, den sie beobachtet haben. Leider sind fast alle aber nicht bereit, als Zeuge aufzutreten. Man wolle ,keine Scherereien haben’, heißt es. Allein das Autokennzeichen reicht nicht“, erklärt Klaus Poppe. Erfolgsträchtiger sei es, nach Adressaufklebern auf Kartons oder Zeitschriften zu suchen. „Diese Informationen geben wir samt Foto ans Rechtsamt der Stadt weiter“, so Poppe.

Für die illegale Müllbeseitigung drohen bis zu 200 Euro Bußgeld. Wie häufig Schmutzfinken bestraft werden, berichten wir im Rahmen der Müll-Serie noch ausführlich.

Der USB unterhält in Bochum 318 Container-Standplätze. Darauf stehen 857 Behälter für Altglas (weiß, grün, braun) und 277 Behälter für Altpapier. Die Zahl der Papiercontainer wurde seit der Einführung der Blauen Tonne 2005 erheblich reduziert.

Das Angebot, Wertstoffe kostenlos und umweltfreundlich zu entsorgen, wird rege genutzt: Die USB-Sammelbilanz 2010 weist 26 745 Tonnen Altpapier und 8470 Tonnen Altglas aus.

Wenige Fehlwürfe

Für die Leerung der Container bringt der USB vier 40-Tonner auf die Straße: zwei Fahrzeuge für Papier, zwei für Glas.

Die Papiercontainer werden im Durchschnitt zwei- bis dreimal wöchentlich, die Glascontainer ein- bis zweimal wöchentlich geleert. Das Altpapier wird zum Verwertungsunternehmen Remondis in Gerthe, das Altglas (entgegen mancher Mutmaßung in getrennten Lkw-Kammern für Weiß-, Grün- und Braunglas) zum Recycler Rhenus im Essener Hafen transportiert.

In den Containern befindet sich laut USB-Einsatzleiterin Andrea Giesenberg „in aller Regel das, was hineingehört“. Bis auf wenige Ausnahmen (meist Hausmüll) sei die Zahl der Fehlwürfe gering – wohl auch wegen der schmalen Einwurfschlitze bzw. Glasöffnungen.

Die traurige "Dreck-Hitparade"

An den Containern indes sieht es oft verheerend aus (Bericht oben). 100 der 318 Standplätze gelten beim USB als problematisch. Hier wird wilder Müll besonders oft neben die Behälter gestellt.

Die traurige „Dreck-Hitparade“ führen die Containerstandorte an der Pfarrer-Halbe-Straße, Kemnader Straße, Hustadtring, Stefanstraße, Industriestraße, Gartenstraße, Auf der Heide, Josef-Baumann-Straße, Matthäusstraße, Heinrich-König-Straße und Dr. C.-Otto-Straße an. Hier sind die Aufräumtrupps fünfmal pro Woche im Einsatz.

Ein übles Bild gibt auch der Standort In der Provitze ab – obwohl sich direkt gegenüber ein Wertstoffhof befindet.