Bochum.. Seit 2002 kämpfen zwei Schulfreunde um den Fortbestand der Bochumer Biermarke Schlegel. Nach der Insolvenz der Partnerbrauerei haben sie eine neue Braustätte gefunden und wollen den Traum vom eigenen Bier weiter am Leben erhalten. Angefangen hat das alles ganz zufällig - mit einer Zeitungsnotiz.

Vom harten Verdrängungswettbewerb auf dem Biermarkt haben sich Dirk Link und Martin Zünkeler ebenso wenig madig machen lassen wie von der Insolvenz der Schwelmer Brauerei, die bis vor kurzem für Produktion und Vertrieb ihres Exportbieres verantwortlich zeichnete. Nun haben die beiden eine neue Braustätte gefunden (der Name wurde bisher geheim gehalten) und wollen mit dem Essener Getränkevertrieb HSE als strategischem Partner voll durchstarten.

Älteren Biertrinkern ist Schlegel aus Bochum genau so ein Begriff wie König aus Duisburg, Stauder aus Essen oder Union aus Dortmund. Am 1. Mai 1854 vom fränkischen Brauermeister Johann Joachim Schlegel gegründet, erlebte die Brauerei mit den drei Bergmannsschlegeln im Logo nach mehreren Fusionen und der Umwandlung in eine Aktiengesellschaft nach dem Zweiten Weltkrieg ihre Blütezeit. Mit einem Ausstoß von rund 500.000 Hektolitern zählte Schlegel Ende der 1950er Jahre zu den acht größten bundesdeutschen Brauereiunternehmen mit internationalen Vertretungen, 1966 wurden über 700 Mitarbeiter beschäftigt.

Zwei Schulfreunde kauften das Logo "Schlegel"

Im Zuge der wirtschaftlichen Konzentration übernahm die Dortmunder Union-Schultheiss-Brauerei AG 1971 den Betrieb, keine neun Jahre später wurde er bereits stillgelegt. Nur der „Schlegelturm“, das Sudhaus und das Verwaltungsgebäude mit Gaststätte an der Alleestraße blieben erhalten.

Zu Beginn des neuen Jahrtausends wurde der Bochumer Werbeberater Dirk Link mit dem Thema Schlegel konfrontiert. „Ich hatte in der Zeitung gelesen, dass Brau & Brunnen 80 bis 90 Marken verkaufen würde“, erinnert sich der 45-Jährige. Sofort rief er seinen alten Schulfreund, den gelernten Juristen Martin Zünkeler an, gemeinsam schrieben sie einen Brief an die Geschäftsführung des Brauereikonsortiums. „Wir dachten, Schlegel ist Retro. Die Zeitungsmeldung war ’ne Ente, die Marke haben wir trotzdem bekommen.“

Dirk Link lässt die Schlegel-Tradition neu aufleben.
Dirk Link lässt die Schlegel-Tradition neu aufleben. © Unbekannt | Unbekannt

Richtig ins Rollen kam die Geschichte allerdings erst, als Klaus-Joachim Schlegel davon Wind bekam. „Wenn Sie eine Marke haben, warum brauen Sie dann kein Bier?“ fragte der Brauer-Erbe die beiden Käufer und unterstützte sie mit seinem Know-how. In der Schwelmer Brauerei fanden Link und Zünkeler schnell einen Partner. Sie investierten eine sechsstellige Summe in Kästen und Flaschen, ließen in Schwelm monatlich 100 Hektoliter Exportbier in 0,33-Liter-Flaschen abfüllen und mischten die Szene auf. „Mehr als 30 Gastronomien im Bermudadreieck hatten plötzlich Schlegel“, sagt Dirk Link.

Der erste Versuch war nicht dauerhaft erfolgreich

Die Kehrseite der Medaille: 20 Euro pro Kasten waren einfach zu teuer, die Flaschen kamen nicht mehr zurück und die örtliche Brauerei setzte die Gastronomen mächtig unter Druck. Und genau so schnell, wie es aufgetaucht war, verschwand Schlegel im Bermudadreieck. Hernach wurde eine zeitlang nur Fassbier gemacht. „Und die überschüssige Produktion wurde von der Schwelmer verradlert“, sagt Dirk Link.

Mit der Einstellung eines neuen Geschäftsführers übernahm die Schwelmer 2009 den Schlegel-Vertrieb, die Einführung der Halbliter-Flasche und die Reduzierung des Kastenpreises auf zehn Euro brachten schließlich den gewünschten Erfolg.

Die Schwelmer Brauerei meldete Insolvenz an

„Wir hatten einen kontinuierlichen Zuwachs bis auf 4000 Kästen“, weiß Dirk Link zu berichten. Nach wenigen Monaten kam jedoch der nächste Schock: Die Schwelmer meldete Insolvenz an.

Die Schlegel-Brauerei früher. 1980 wurde die Produktion eingestellt.
Die Schlegel-Brauerei früher. 1980 wurde die Produktion eingestellt. © Unbekannt | Unbekannt

Unterkriegen ließ sich das bierseelige Duo allerdings auch dadurch nicht. Sie kauften der Brauerei das gesamte Leergut ab, gaben dem Handel eine Pfandgarantie und fanden bei HSE in Essen ihren neuen Zentralvertrieb. „Die haben 100 Getränkemärkte, in denen demnächst Schlegel angeboten wird“, freut sich der 45-jährige Werbefachmann. Und nachdem dieser Coup gelungen war, fanden er und sein Kompagnon auch gleich eine neue Produktions- und Abfüllstätte. Deren Name muss jedoch vorerst geheim gehalten werden, „aus markenpolitischen Gründen“ sei dies der ausdrückliche Wunsch des Partners gewesen.

Neue Brauerei direkt in Bochum?

In einer Pressemitteilung heißt es allerdings süffisant, „dass sich – verglichen mit Schwelm – die Wege von der Brauerei zu den durstigen Kehlen innerhalb des Ruhrgebiets eher verkürzt als verlängert haben“. Somit kommt wohl nur eine Braustätte aus der näheren Bochumer Umgebung infrage...