Bochum. Laut Medienberichten ist der US-Konzern nicht mehr gewillt, die Verluste bei der europäischen Tochter hinzunehmen und will die Kapazitäten herunterschrauben. Die deutschen Betriebsräte werfen General Motors vor, mit Kürzungen in Deutschland Asien-Standorte zu finanzieren.

Der US-Autokonzern General Motors verliert offenbar die Geduld mit seiner kriselnden Tochter Opel und erwägt einem Bericht zufolge Werkschließungen unter anderem in Bochum. "Wenn Opel gerettet wird, dann jetzt, und die Einschnitte werden tief gehen", sagte ein nicht namentlich genannter GM-Manager dem New Yorker "Wall Street Journal".

Grund dafür seien "horrende" Verluste im vierten Quartal, hieß es. Neben Bochum mit seinen mehr als 3.000 Mitarbeitern könnte auch der britische Standort Ellesmere Port mit 2.100 Beschäftigten geschlossen werden.

Im Hintergrund dieser Aussagen laufen seit Monaten Gespräche zwischen Betriebsrat, Gewerkschaften und Konzern. Der Opel-Betriebsrat wirft der GM-Zentrale vor, den europäischen Standort aus Rendite-Erwägungen heraus systematisch zusammenzustreichen: Die Arbeitnehmervertreter fordern, Opel den Zugang zu weiteren Märkten zu gewähren. Nur mit einer Aufhebung der internen Exportbeschränkungen auf den europäischen Markt habe Opel die gleichen Wachtumschancen we alle anderen Automarken weltweit.

Derzeit produziert Opel in Europa schätzungsweise jährlich knapp 1,2 Millionen Autos, hat aber Kapazitäten für 1,6 Millionen Autos. Dagegen plant GM den Bau von 300.000 Opel-Autos in den Werken in Mexiko und Korea. "Wir sollen mit unserem Lohnverzicht den Aufbau neuer Werke außerhalb Europas unterstützen. Das ist nicht vorstellbar", so der Bochumer Betriebsratschef Rainer Einenkel. Er forderte, dass GM den Verkauf von Opel-Modellen in Wachstumsmärkten China, Indien und Brasilien erlaubt.

Schon jetzt unterbezahlt

Zugleich machte Einenkel deutlich, dass die Beschäftigten im Bochumer Opel-Werk bereits untertariflich bezahlt würden. "Die Schmerzgrenze ist erreicht", sagte er. Als Teil des Sanierungsvertrages hatten die Opel-Beschäftigten 2010 und 2011 auf die Hälfte ihres tariflichen Urlaubs- und Weihnachtsgeldes verzichtet. Zudem wurde eine um 2,7 Prozent geplante Lohnerhöhung auf Februar 2012 verschoben. So sollten die deutschen Belegschaften jährlich 176 Millionen Euro einsparen. Die Vereinbarung zwischen GM und der Gewerkschaft IG Metall galt bis Ende 2011. Derzeit wird neu verhandelt - und das ist das Szenario für die neuerlichen Drohungen aus den USA.

Opel-Mitarbeiter fürchten Schließungspläne

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    Der erst vor drei Jahren mit Staatshilfe gerettete GM-Konzern hat mittlerweile die roten Zahlen weit hinter sich gelassen. Für 2011 dürfte er einen Gewinn von 8 Milliarden Dollar (6 Milliarden Euro) melden, wie die Finanzzeitung „Wall Street Journal“ berichtet. Dies wäre der höchste Jahresgewinn, den GM je erzielt hat.

    2010 lag der Gewinn noch bei 4,7 Milliarden Dollar. Für den starken Zuwachs werden das gute Wachstum in China und hohe Profitabilität in Nordamerika verantwortlich gemacht. Die Bilanz soll am 16. Februar vorgestellt werden. Für die kommenden Jahre wird laut der Zeitung ein noch höherer Gewinn angestrebt. Zugunsten einer höheren Marge und besserer Rentabilität will General Motors auch auf Stückzahlen verzichten - zum Beispiel in Europa.

    Bereits jetzt tiefe Einschnitte für die Belegschaft

    Der alternative Weg: General Motors will mit dem geplanten Verzicht auf Teile der Lohnerhöhung die deutsche Automarke wieder profitabel machen. Unternehmensangaben zufolge ist in diesem Jahr eine Lohnerhöhung von 10,8 Prozent vorgesehen. Darin enthalten ist unter anderem ein im vergangenen Jahr aufgeschobenes Lohnplus von 2,7 Prozent. Zudem gehe es um Weihnachts- und Urlaubsgeld. Auf Teile davon hatten die Opel-Arbeiter 2010 und 2011 verzichtet. Bei den Lohnerhöhungen handele es sich um eine Gesamtsumme von 1,1 Milliarden Euro. Die Gewerkschaften allerdings wollen angesichts der bisher geleisteten Einschnitte da nicht zustimmen.

    Opel war durch Missmanagement und Qualitätsprobleme tief in die Krise geraten. Im Zuge des von der US-Konzernmutter aufgelegten Sanierungsprogramms für den Rüsselsheimer Autobauer wurden seit 2010 europaweit 8.000 Stellen abgebaut. Das Werk im belgischen Antwerpen wurde geschlossen. In Deutschland war von der Sanierung auch das Werk Bochum betroffen, wo bisher rund 1.450 Stellen gestrichen und etwa 250 Beschäftigte in das 250 Kilometer entfernte Rüsselsheim versetzt wurden. Bei Opel sind derzeit rund 40.000 Menschen beschäftigt. (dapd, rtr)