Bochum.. Als Blockflötenbauerin hat Doris Kulossa viel Erfahrung gesammelt, bevor sie sich in Bochum niederließ. Ihre erste Flöte brachte auf einer Messe 1400 Euro.

Durch das Fenster scheint die Wintersonne, durchflutet die kleine gemütliche Werkstatt im Keller des Hauses mit Licht. Doris Kulossa, eine große unaufgeregte Frau in Jeans, geht an ihre Drechselbank und legt mit der Arbeit los. Sägespäne fliegen durch den Raum, es ist laut.

Die 43-Jährige arbeitet als Holzblasinstrumentenmacherin: ein Beruf, so selten, dass es gerade einmal vier Ausbildungsplätze in ganz Deutschland gibt. „Doch ich wollte diesen Job machen, das hatte ich mir schon zu meiner Abiturzeit in den Kopf gesetzt“, sagt Doris Kulossa. Das Problem war nur: „Keiner konnte mir sagen, wie man Flötenbauer wird.“ Dennoch wusste sie: Es gibt diesen Job, hielt Doris Kulossa als passionierte Musikerin doch selbst ein seltenes und handgefertigtes Stück aus Amerika in ihren Händen.

Frau sein war ein Hindernis

Gerne hätte die junge Frau eine Stelle bei diversen Klarinetten-Bauern angenommen. Doch diese, „sehr konservativ“, lehnten Frauen ab. „Sie hätten auch gar keine Damentoilette“, war oftmals eine Begründung bei der Absage, erinnert sich Doris Kulossa. Also begann sie mit einem Studium der Musikwissenschaften in Bonn, „ein Parkstudium“, wie sie es heute nennt.

Damals lebte Doris Kulossa mit ihren Eltern in der Nordeifel. Drei Dinge waren Ende der 1980er Jahre in der „Flötenbaubranche“ ein echtes Hindernis: Frau sein, Akademiker sein, nicht im Ort wohnen. Also dachte sich die Wahl-Bochumerin: „An der Tatsache, dass ich eine Frau bin, kann und möchte ich nichts ändern. Aber ich bin in der Lage, eine Lehre zu beginnen und nach Celle zu ziehen.“

Celle bei Hannover: Sitz der größten Blockflötenbaufirma weltweit. Hier absolvierte die Frau, die sechs Sprachen spricht, zunächst eine Tischlerlehre. Zwei Jahre sollte die Ausbildung dauern, nach eineinhalb Jahren meldete sich die Firma Moeck. Doris Kulossa durfte ihre Ausbildung beginnen. „Ich kann gar nicht beschreiben, wie ich mich in dem Moment gefühlt habe.“

Der Liebe wegen nach Bochum gezogen

In der Firma lernte die Künstlerin handwerkliche Techniken zur Anfertigung eines Holzblasinstrumentes, Schnitzereien, aber auch Maschinenarbeit. „Dieses Wissen brauche ich aber nicht, ich mache alles von Hand.“ Anschließend arbeitete sie dort für die mobile Blockflötenwerkstatt, reiste mit ihrem Werkzeug durch Europa und reparierte Instrumente, organisierte Ausstellungen und hielt Vorträge.

Vor sechs Jahren zog sie dann der Liebe wegen nach Bochum, wollte sesshaft werden. Hier, in Wiemelhausen im Kirchviertel arbeitet sie nun: die einzige Flötenbauerin ganz NRWs. Ihren Kundenstamm baute sie sich nach und nach auf. Ihre erste Messe besuchte Doris Kulossa in Stockstadt am Rhein. „Dort nahm ich meine erste selbstgemachte Flöte mit. 1400 Euro bekam sie dafür. Danach schien alles wie von selbst zu gehen. Es folgten Messen in Paris, Wien, London und Taiwan.

Von Kennern geschätzt

Heute gehören ihre Instrumente zu echten Schätzen in Kennerkreisen. Bis zu eineinhalb Jahren müssen Flötisten auf ein Holzblasinstrument warten, so groß ist die Nachfrage. Natürlich hat die Qualität auch ihren Preis – bis zu 2100 Euro zahlt der Musikliebhaber etwa für eine „Hochbarocke Blockflöte „Tenor in c´nach Jacob Denner“ – gefertigt aus europäischem Buchsbaum.

Das Material bezieht sie aus einem kleinen Dorf in England. Der Klang des handgefertigten Stückes überzeugt. Selbst ein Laie kann den Unterschied zwischen einem Fabrikmodell und einem handgefertigten Stück heraushören. Kein Wunder, dass die Elite der Flötisten bei ihr bestellt. Alle wollen eine haben– eine „echte Kulossa“ – mit der unverkennbaren Gravur, ihren Initialen „DK“.