Bochum. . Kurz vorm Fest drängen heikle Fragen: Kaufen wir einen Nordmann? Und warum wird der Baum jedes Jahr ein Stückchen teurer?

Annika und Michael stehen vor einer wichtigen Entscheidung: Vor knapp drei Monaten sind die beiden in ihre erste gemeinsame Wohnung an der Castroper Straße gezogen. Jetzt naht Heiligabend – und damit die große Frage: Welche Tanne stellen wir auf? „Schließlich soll es in unserer neuen Wohnung zu Weihnachten richtig schön werden“, findet Annika. „Obwohl wir über die Feiertage eigentlich kaum zu Hause sind“, scherzt Michael. Ach ja, die lieben Verwandten . . .

Doch über Weihnachten eine wohlgewachsene Tanne im Haus zu haben, das ist für viele Pflicht. Das weiß auch Christian Weinheimer, der gemeinsam mit seinem Chef Maurice Richter einen großen Verkaufsstand am Geisental in Grumme betreut.

Wenn es gut läuft, dann verkaufen sie 150 bis 200 Stück pro Tag: alles Nordmanntannen, des Deutschen mit Abstand liebster Weihnachtsbaum, der meist aus dem Sauerland stammt. Preis: 18 Euro pro Meter. „Es läuft gut“, sagt Weinheimer, „obwohl viele Bäume natürlich schon weg sind.“ Wer also auf die letzten Minuten noch einen superschicken Tannenbaum erstehen möchte, muss sich meist mit den Übriggebliebenen begnügen.

Weihnachtliches Flair

„Den größten Ansturm an Kunden hatten wir am vergangenen Wochenende“, erzählt er. Groß und buschig sollen die Bäume nach Möglichkeit sein, sie sollen gut riechen, wenig nadeln, lange halten – und das berühmte weihnachtliche Flair verströmen: „Viele Paare nehmen sich bei der Auswahl echt viel Zeit“, lächelt er. „Vor allem Frauen wählen ihren Favoriten sorgsam aus.“ Und schon klopft es an der Tür des kleinen Bauwagens, der den netten Tannenbaumverkäufer etwas vor Kälte und Nässe schützt. Eine Kundin, die sich eigentlich schon für einen Baum entschieden hatte, kehrt mit einer Frage zurück: „Kann ich den anderen nochmal sehen?“

„Wahnsinn, diese Preise“

Ein Stück weiter am Castroper Hellweg hat Markus Rudel seit fünf Jahren jeweils im Advent seinen „Zauberwald“ geöffnet. Hier gibt es Weihnachtsbäume verschiedener Sorten – von günstig bis edel. Eine Nordmanntanne der Extraklasse für 53 Euro? Das Ehepaar staunt nicht schlecht. „Manchmal glaub ich, die Preise für Weihnachtsbäume sind explodiert“, meint die Dame. Doch Markus Rudel rechnet ihr vor, was solch ein edles Gewächs bereits an Pflege hinter sich habe. „Die Tanne war vier bis fünf Jahre in der Baumschule“, sagt er. Von den 53 Euro, die der Superstar kosten soll, würden am Ende nur drei Euro für den Händler übrig bleiben. Das Ehepaar überlegt ein wenig und schlägt dann trotzdem zu. „Wahnsinn, diese Preise.“ Rudel hilft gern dabei, die Tanne sicher in den Kofferraum zu befördern.

Ein verrücktes Geschäft

„Der Verkauf von Tannenbäumen ist ein verrücktes Geschäft“, sagt er, „weil manche Leute nur schwer einsehen wollen, dass gute Pflanzen auch einfach Geld kosten.“ Noch heute würde er die Auswirkungen des Sturms „Kyrill“ spüren, der Anfang 2007 heftige Verwüstungen anrichtete. „Die jungen Bäume, die damals zerstört wurden, fehlen uns natürlich heute.“ Denn bis eine Tanne reif für den Heiligabend sei, brauche es eben etwa vier bis fünf Jahre.

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