Bochum. .
Der Wunsch nach Verkehrsberuhigung im eigenen Wohnquartier steht für Bochumer ganz vorn auf der Liste, wie der Beschwerdeausschuss stets beweist. Tempo 30 in der einen Straße aber hat Konsequenzen auf andere.
Einer, der wegen des starken Lärms eine Geschwindigkeitsreduzierung zumindest für Lkw und Busse fordert, ist Oliver Mazur. „Teils mehr als 75 Dezibel werden bei uns auf der Vierhausstraße erreicht. Gerade große Fahrzeuge rattern enorm. Hinzu kommt die Nähe zur A 40.“ Tempo 30 sollte – so der Beschluss im Beschwerdeausschuss im Frühjahr – für Lkw und für die Busse der Linien 360 und 388 eingerichtet werden. Oliver Mazur: „Passiert ist bis heute nichts.“
Die Vierhausstraße soll im Lärmaktionsplan Vorrang haben, bleibt indes eine Hauptverkehrsader. „Es ist noch nichts umgesetzt, weil wir den Grundsatzbeschluss zum Vorbehaltsstraßennetz abwarten“, so Susanne Düwel vom Tiefbauamt. Hinzu kommt der Lärmaktionsplan.
Diese beiden Planungen sollen den Gremien verbindliche Kriterien für Entscheidungen an die Hand geben. Dieter Töpfer von der Abteilung Verkehrsplanung: „Es werden dennoch immer wieder Einzelfallentscheidungen nötig sein. Deshalb haben wir die Ausnahmetatbestände aufgelistet.“ Für die Vierhausstraße heiße das: Der Beschluss werde zurückgestellt.
Für den künftigen Umgang mit Bürgeranträgen auf Geschwindigkeitsreduzierung hat die Verwaltung das Netz der Hauptstraßen unter die Lupe genommen; feste Kriterien sollen helfen, weitere Verkehrsbeschränkungen auszuschließen.
Fazit: Das so genannte Vorbehaltsstraßennetz bleibt bestehen; ein Beschluss folgt im Hauptausschuss. Von den insgesamt 1100 km Bochumer Straßen sind 450 km Hauptstraßen (320 km wiederum Bundes-, Landes- und Kreisstraßen). Pro Werktag, so ermittelte die Verwaltung, werden über das innerstädtische Vorrangnetz 650 000 Kfz-Fahrten abgewickelt. Hinzu kommt der Durchgangsverkehr mit 130 000 Fahrten pro Werktag – überwiegend über die Autobahnen.
Ausnahmen sollen möglich bleiben. Zum Beispiel, wenn Kindergärten und Schulen an Hauptstraßen liegen. Oder aber, wenn die Polizei feststellt, dass sich irgendwo Unfallschwerpunkte gebildet haben, denen nur mit verminderter Höchstgeschwindigkeit beizukommen ist. Diese Kriterien galten auch bisher, wenn es um die Ausweisung von Tempo-30-Zonen ging.
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Nun aber schiebt sich der Lärmaktionsplan (die WAZ berichtete) mit hinein. 137 Lärmschwerpunkte gibt es stadtweit, die durch Straßenverkehr verursacht werden. In Bochums Stadtmitte überschreiten nach diesem Plan 50 Gebiete die Obergrenzen von 70 Dezibel tagsüber und 60 Dezibel nachts. „Und dort sollten Geschwindigkeitsreduzierungen auf Hauptstraßen kein Tabu sein“, findet die Koalition aus SPD und Grünen.
Langsames Fahren mindert Lärm nicht grundsätzlich, so Baudezernent Dr. Ernst Kratzsch. „Gerade ein Lkw, der bremst und wieder anfährt, verursacht mehr Krach, als wenn er zügig durchführe. Wenn wir lauter Einschränkungen zulassen wegen individueller Eigeninteressen, kommt man irgendwann nicht mehr in die Stadt.“
SPD/Grüne wollen sich für eine bundesweite Regelung, innerörtlich überall auf 30 km/h zu gehen, stark machen. Ein isoliertes Vorgehen in nur einer Stadt stieße dagegen auf Akzeptanzprobleme.