Bochum.

Ein monatelanger Nachbarschaftsstreit in einem Mehrfamilienhaus in Bochum-Weitmar ist weiter verschärft worden. Jetzt berichtet ein Rechtsanwalt sogar von einer brutalen Gewaltattacke gegen eine 73-jährige Nachbarin. Sie sei die Treppe hinuntergestoßen worden und mit Knochenbrüchen ins Krankenhaus eingeliefert worden.

In einem besonders hässlichen Nachbarschaftsstreit in einem dreigeschossigen Mehrfamilienhaus in Weitmar ist es zu einem weiteren heftigen Vorfall gekommen. Unlängst soll eine 73-jährige Nachbarin die Treppe heruntergeschubst worden sein, so dass mehrere Knochen brachen.

Kot auf die Balkone geworfen

Wie die WAZ bereits vor einigen Wochen berichtete, hatte es zwischen einer Wohnungseigentümerin und ihrer dort lebenden Tochter (18) sowie den anderen fünf Eigentümerparteien des Hauses seit Monaten heftige Auseinandersetzungen gegeben. Die Nachbarn fühlen sich von der Frau und der Tochter, die im ersten Stock leben, mit übelstem Gossenvokabular beleidigt und schikaniert.

„Zunächst gab es ,lediglich’ massive Lärmbelästigungen, Müll wurde im Hausflur verteilt, Kot auf die Balkone geworfen, Fußmatten verschwanden, Türen wurden ausgehängt, Fenster mit Dreck bespritzt“, schreibt Rechtsanwalt Tim Illner, der fast alle Nachbarn vertritt, in einem Brief an die Staatsanwaltschaft. Auch unter Telefon- und Klingelterror würden die Nachbarn leiden.

"Sie wird dauerhaft beschädigt bleiben"

Am 12. Juli aber soll sich der große Hauskrach sogar in direkte Gewalt hochgeschaukelt sein. „Ohne erkennbaren Grund“ habe die beschuldigte Wohnungseigentümerin ihre wehrlose 73-jährige Nachbarin „aus dem Hinterhalt angegriffen, indem sie sie über fünf Treppenstufen im Treppenhaus auf den Betonboden hinunter schleuderte“.

Er habe zwei Augenzeugen. Die Seniorin habe einen Trümmerbruch des Ellbogens und einen Haarriss in der rechten Hüfte. „Sie wird dauerhaft beschädigt bleiben und hat erhebliche Schmerzen erlitten. Sie kann nicht laufen“, sagt Anwalt Illner. Mittlerweile sei die 73-Jährige wieder daheim.

Auch Illner selbst, der ebenfalls in dem Haus wohnt, soll Opfer geworden sein. Seiner Darstellung nach hätten die beschuldigte Eigentümerin, ihre Tochter und deren Freund gegen seine Tür getreten und sie zerbrochen. Dabei sei gerufen worden: „Du Arsch, dich kriegen wir auch noch!“ Nicht zuletzt berichtet Illner von einer Gewaltattacke auf einen Verwandten der Nachbarn durch die Beschuldigten.

Es soll schon mindestens 40 Strafanzeigen geben - gegenseitig

Er spricht von einem „Terrorregime“. „Die Leute sind der Verzweiflung nah.“ Einige seiner Mandanten trauten sich nur bewaffnet in den Hausflur. „Sie leben permanent in Angst und Schrecken.“ Eine Mandantin habe das Haus verlassen und sei bei Verwandten untergebracht. Sie habe Nervenzusammenbrüche gehabt und sei arbeitsunfähig.

Die Gegenseite aus dem ersten Stock hat aber auch umgekehrt Anzeigen gegen Nachbarn erstattet, etwa wegen Beleidigung. Sie fühlt sich zu Unrecht beschuldigt. Es werde Stimmung gegen sie gemacht. Bald wird es wohl zu Prozessen rund um das Streithaus kommen. Die Anzahl der Anzeigen wächst bedenklich. Mittlerweile sollen es mindestens 40 sein. Hinzu kommen diverse Unterlassungsklagen. Die Polizei hat gleich zwei Beamtinnen zur Sachbearbeitung dieses ungewöhnlich bitteren Nachbarschaftsstreites eingesetzt.

Anwalt Illner meint, die Polizei würde die Nachbarschaft zu wenig beschützen. Gegen einen Beamten gab es eine Dienstaufsichtsbeschwerde. Ein Polizeisprecher weist die Vorwürfe aber zurück und beschreibt das Grundproblem von Nachbarschaftsärger: „Wenn der eine dies sagt und der andere das, ist das schwierig.“