Bochum. . Jeden dritten Samstag im Monat findet am Bochumer Rathaus der Flohmarkt statt. Mittlerweile gibt es ihn seit 35 Jahren. Angefangen hat alles mit 25 Händlern auf dem Theatervorplatz, heute bieten im Schnitt 200 Händler ihren Trödel an.

Wer zu spät kommt, muss an den Rand. Jeden dritten Samstag im Monat klappen Menschen am Rathaus in aller Frühe Tapeziertische aus, es ist wieder mal Flohmarkt.

35 Jahre wird er an diesem Samstag alt. Seinem Erfinder, Vater und Dauer-Fan, Thom Pokatzky, ist nur eines wichtig: trockenes Wetter. Dabei – in den 35 Jahren ist nie ein Flohmarkt ins Wasser gefallen. „Wir hatten schon echt miese Winter oder Dauerregen. Doch auch, wenn nur fünf Händler kamen: Der Flohmarkt hat stets stattgefunden.“

Kinder mit Comicheftchen

Angefangen hat alles am Schauspielhaus. Pokatzkys Faible für Trödelmärkte stieß beim damaligen Verwaltungsdirektor Rolf Paulin und dem großen Peter Zadek auf Gegenliebe. „Es war eine wilde Zeit am Bochumer Theater. Und dank verrückter Inszenierungen gab’s insgesamt eine Riesentoleranz für neue Ideen.“ Paulin öffnete Pokatzky also die Türen bei der Stadt. Der erste Flohmarkt auf dem Theatervorplatz fand im März 1976 statt. 25 Händler, überwiegend Kinder mit Comicheftchen und Leute aus dem Theater-Dunstkreis, waren die ersten, die das Feilschen um gebrauchte Mützen und Hausrat begannen.

„Schon im Monat darauf war der Platz voll“, erinnert sich Pokatzky, „und von da an schwoll der Flohmarkt ständig weiter an.“ Die Leute boten ihre Sachen feil, weil sie Spaß daran hatten, und so manches Schätzchen konnte aufgestöbert werden. Auch Schauspieler des damaligen Ensembles gehörten zu den häufig gesehenen Kunden des Flohmarktes, ob Eva Mattes oder Ulrich Wildgruber, vor allem aber Tana Schanzara. Sie gab auch ihr Konterfei frei für eines der begehrten Plakate, mit denen Thom Pokatzky nicht nur für die Trödel-Termine warb, sondern durchaus politisch, persönlich und polemisch wurde.

Keine Neuware

„Irgendwann kamen so viele, dass wir die Königsallee herunter Stände aufbauen ließen, vorbei am Konrad-Adenauer-Platz bis hoch zum Union-Kino. Doch da häuften sich die Beschwerden der Anwohner, das ging nicht mehr.“

Es war 1982, als der Bochumer Flohmarkt dann zum Rathaus umzog. Der neue Standort beflügelte die Veranstaltung weiter, zumal nun mehr Fläche zur Verfügung stand. In den besten Zeiten, Mitte der 90er Jahre, nahmen über 500 Händler teil, die sich rund ums Rathaus zogen. Das Geheimnis des Erfolgs: Der Flohmarktkönig und einstige Bürgermeisterkandidat Pokatzky hält Profis mit Neuwaren außen vor.

Zusamnmenbruch durch U-Bahnbaustelle

„Dann begann die U-Bahnbaustelle am Rathaus, das war der Zusammenbruch. Ab der Jahrtausendwende ging der Markt in die Knie, alle vier Wochen gab’s eine neue Verkehrsführung, die Leute blieben weg.“ Nicht alle; der Flohmarkt bekrabbelte sich wieder. Im Schnitt kommen laut Pokatzky 200 Händler. Doch die Klientel ist heute eine andere.

Zumeist bieten Menschen Ausrangiertes an, weil sie auf die kärglichen Einnahmen angewiesen sind, und nicht wie früher, weil sie Spaß an der besonderen Atmosphäre haben. Pokatzky strebt eine Durchmischung an, um vor allem auch Liebhaber wieder anzulocken. Dabei lässt er es sich nicht nehmen, Monat für Monat die Standorte für die Tapeziertische zu markieren: „Wie viel Kilo Kreide ich dort verstrichen habe.“