Bochum.

Ihren 16. Geburtstag am 1. März hätte Luca Büngener gern mit Freundinnen in der Zeche gefeiert. Doch ohne Perso keine Party: Das Chaos im Bürgerbüro hat den ersten Disko-Abend des Mädchens bis heute durchkreuzt. Und Luca ist nicht allein.

Die technischen Probleme rund um den neuen elektronischen Personalausweis rauben vielen Bürgern Zeit und Nerven. Als „unendliche Leidensgeschichte“ bezeichnet Peter Braun die vergangenen Monate. Peter Braun ist Leiter des Bochumer Einwohnermeldeamtes, das seit November 2010 die neuen Chip-Karten ausstellt. Genauer: ausstellen soll. Denn die Umsetzung ist „eine Blamage für das Innenministerium und die Bundesdruckerei“, zürnt Peter Braun.

Dabei hatte die Stadt rechtzeitig vorgesorgt. 47 000 Bochumer beantragen jährlich einen Ausweis. Im Wissen, dass sich die Bearbeitungsdauer der onlinetauglichen Pässe von 7 auf 28 Minuten vervierfachen würde, traten elf zusätzliche Mitarbeiter ihren Dienst beim Einwohnermeldeamt an. Kosten inklusive Verfahrensumstellung und Ausstattung: 765 000 Euro.

Die modernen Änderungsterminals sind wenig ausgereift

Doch die Technik warf alle Berechnungen über den Haufen. Das Hauptübel trägt das Kürzel ÄNTE. 85 dieser Änderungsterminals stehen im Rathaus. Sie dienen dazu, die gedruckten Ausweise vor der Ausgabe an den Bürger elektronisch einzulesen und mit einer PIN zu versehen. Doch die Boxen entpuppten sich als – gelinde ausgedrückt — wenig ausgereift. „Der Ausruf ,Mein Ding ist kaputt!’ gehörte hier monatelang zum Arbeitsalltag“, schildert Peter Braun.

Um den ÄNTE-Absturz nicht zu vervielfachen, beschränkt sich die Meldebehörde auf sechs Lesegeräte, allesamt im Bürgerbüro Mitte. Folge: In den Wartezonen am Willy-Brandt-Platz kommt es zu Massenaufläufen. „Die Kollegen schieben Überstunden. Dennoch müssen wir Antragsteller nach Hause schicken. Das sorgt für viel Frust: bei den Bürgern, aber auch bei den Kollegen. Um die Mehrarbeit und den hohen Krankenstand aufzufangen, mussten wir die Öffnungszeiten im Februar reduzieren“, weiß Abteilungsleiter Rainer Geldmacher.

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Von Jürgen Stahl

Ab Mai soll sich die Situation entspannen

Familie Büngener zählt zu den Gefrusteten. Fünf Versuche haben die Langendreerer unternommen, um einen Perso für Tochter Luca zu beantragen. „Im Januar marschierten wir ins Bürgerbüro Langendreer – um zu erfahren, dass hier keine Anträge möglich sind“, berichtet Mutter Sabine. Ab ins Bürgerbüro Mitte, wieder enttäuscht ab nach Hause: Beim ersten Mal fehlte die Unterschrift der Mutter („unser Fehler“), beim zweiten Besuch gab es keine Wartenummern mehr. Auch Versuch 4 und 5 scheiterten u.a. wegen Überfüllung.

„Wir kennen und bedauern diese Geschichten. Aber wir tragen daran keine Schuld“, sagt Peter Braun – und verheißt Besserung. Das angeblich letzte Update für die ÄNTE-Geräte ist erfolgt. Ab Mitte April sollen sämtliche 85 Boxen in allen sieben Bürgerbüros ans Netz gehen. „Die Mitarbeiter sind bereits fortgebildet worden. Spätestens im Mai dürfte sich die Situation entspannen. Immerhin entfällt die Hälfte aller Anträge auf die Bürgerbüros in den Bezirken“, so Geldmacher.

Unglaublich: Der Ausweis ist endlich beantragt

Für Luca kommt die gute Nachricht zu spät: Ihr 16. Geburtstag ist längst vorbei. Am vergangenen Dienstag immerhin gelang das Unglaubliche: Der Perso-Antrag ist gestellt. Nun hofft das hübsche Mädchen, dass ihr mit dem Ausweis die Tür zur Zeche bald offensteht.

ÄNTE gut – alles gut? Darauf würde im Rathaus niemand wetten.