Jugendliche berichten über ihren Umgang mit Chats und dem Internet

„Jetzt mach doch endlich mal den Computer aus!” Welche Eltern haben ihren Sprössling nicht schon mit diesem Satz ermahnt. Obwohl der beste Freund bloß um die Ecke wohnt, ziehen es die Jugendlichen vor, per Internetchat zu kommunizieren. Ob ICQ und MSN als Nachrichtenvermittlung oder SchülerVZ und MySpace als Online-Communities – sogenannte „soziale Netzwerke” zum Austausch von Interessen und Meinungen – die Liste der virtuellen Plattformen ist lang. „Ich bin fast überall angemeldet”, gibt die 16-jährige Maureen zu und beschreibt die Praxis unter Jugendlichen, zur Unterhaltung mit Freunden den Telefonhörer gegen die Computertastatur einzutauschen. Viele gehen folglich davon aus, dass die neue Devise unter jungen Leuten lautet: Chatten statt reden. Womöglich verkennen sie aber, dass einige Jugendliche die Kommunikation via Internet wohl selbst mit gemischten Gefühlen betrachten. Das zumindest stellt sich im WAZ-Gespräch heraus.

Chat ersetzt kein Treffen

„Das Bild, dass wir uns nur noch zum Chatten verabreden, ist falsch”, sagt Marius (13) von der Erich-Kästner-Gesamtschule. Die Plattform SchülerVZ, bei der man sich ein Profil mit persönlichen Angaben und Fotos erstellen kann, nutze er nur noch selten: „Mich hat es genervt, dass sich jeder darüber identifiziert. Da kommt es darauf an, wieviele Freunde du in diesem Netzwerk hast, obwohl du die Hälfte der Leute gar nicht kennst.” Auch Ricardo (13) aus der Theodor-Körner-Schule bestätigt: „Bei mir ersetzt der Chat nicht das Treffen.” Und trotzdem: Die schnelle Kontaktaufnahme, der Reiz, in der Anonymität des Netzes in andere Rollen zu schlüpfen, und die Möglichkeit, die eigene Persönlichkeit anhand von Profilen, Fotos und Blogs darzustellen - das alles verleitet Kinder und Jugendliche zur täglichen Internetnutzung. „Die Kommunikation im Internet funktioniert enthemmter, es lassen sich leichter Kontakte knüpfen”, weiß Christina Rhode von der EU-Initiative „klicksafe”. „Dennoch stellt dies nur eine Art Zusatz-Kommunikation dar, die niemals das direkte Gespräch ersetzt.”

"Das Persönliche fehlt"

Die virtuelle Distanz, das Fehlen der zwischenmenschlichen Ebene und das Eindimensionale der schriftlichen Konversation – jugendliche Internetbenutzer scheinen sich dessen bewusst. „Zum Organisieren ist ein Chat mit vielen Leuten sehr praktisch, aber das Persönliche fehlt”, findet Daniel (17). Trotz einiger Bedenken bleibt die Verständigung via Internet ein fester Bestandteil der jugendlichen Kommunikation, wenn auch mit einigen Tücken: „Man muss im Chat teilweise lange auf Antworten warten, da telefoniere ich lieber.”