„Ich wurde in der Klasse nicht so akzeptiert wie die anderen.” Ist das einer der Gründe, weshalb ein 20-jähriger Schüler aus Wetter am 24. März 2009 im Wittener Berufskolleg einen tödlichen Amoklauf angedroht hatte?

Jedenfalls erzählte der Wetteraner am Dienstag vor dem Bochumer Landgericht von regelmäßigen Hänseleien seiner Mitschüler. Er ist angeklagt wegen „Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten”. Die Amok-Katastrophe von Winnenden war damals erst zwei Wochen her.

"Ich wurde gemobbt"

„Ich wurde gemobbt, weil ich einen großen Hintern hatte. Sie haben mich Ente genannt”, erzählte der Angeklagte. Auch an jenem 24. März sei er mal wieder aufgezogen worden. Diesmal habe man ihn gehänselt, er sei ja „schwul”. Und darüber gelacht. „Die wollten mich ärgern, jedenfalls kam das so rüber”, sagte er vor der 3. Strafkammer. Einer habe dann gewarnt: „Hört auf, sonst läuft der noch Amok wie in Winnenden.” Die anderen Schüler hätten ihn aber weiter aufgezogen. „Da ist das aus mir rausgeschossen: Ja, dann werde ich Amok laufen.”

"Euch beiden würde ich als erstes abknallen"

Am darauffolgenden Tag - so habe er seinen Mitschülern gedroht - habe er sich schwarz einkleiden und einen Schal um die Augen binden wollen. Erst habe er etwas von einem „Streich” und einer Spielzeugpistole erzählt. Es sei für ihn aber auch kein Problem, eine scharfe Waffe zu besorgen. Als erstes habe er dann zwei Mitschülerinnen töten wollen. Eine (17) von ihnen berichtete im Zeugenstand: „Er sagte, euch beiden würde ich als erstes abknallen.” Dabei soll er so getan haben, als würde er einen Finger am Abzug halten.

Keine Waffen gefunden

„Das war ein bisschen unheimlich”, sagte die 17-Jährige den Richtern. „Ich habe Angst gekriegt.” Sie ging damals sofort zum Lehrer. Der Direktor rief die Polizei. Die Beamten durchsuchten am selben Tag das Zimmer des Schülers bei dessen Familie in Wetter. Waffen fanden sie aber nicht. Der Unterricht ging am nächsten Tag wie geplant vonstatten. Auch wenn der 17-Jährigen „mulmig” war.

"Das war nicht ernst gemeint"

Der Angeklagte behauptet, dass seine Drohung nur Gerede gewesen sei. „Das war nicht ernst gemeint.” Und weiter: „Ich wollte, dass die damit aufhören.” Mit dem Hänseln und dem Auslachen. Es dürfte für das Gericht schwierig sein, ihm das Gegenteil nachzuweisen.

Bis heute auf derselben Schule

Heute bereut er die Aktion. „Ich komme mir einfach dumm vor. Ich kann schon verstehen, dass sich mehrere Schüler erschrocken haben.” Er wolle alles wieder gutmachen. Von der Schule geflogen ist er bisher nicht.

"Er will Aufmerksamkeit haben"

Seine Noten in der Schule sind insgesamt schlecht. Das Klassenziel ist gefährdet. Vieles spricht dafür, dass er unter einem Mangel an Selbstwertgefühl litt. Hinzu kamen wohl Frust und Unsicherheit. Noch einmal jene Mitschülerin: „Ihn mögen nicht viele in der Klasse. Er will Aufmerksamkeit haben, das geht vielen auf die Nerven.” So habe er zum Beispiel schon mal einen Bauchtanz in der Klasse hingelegt. Er selbst meinte: „Ich wollte den Klassenclown spielen, Späße machen, damit ich auch so akzeptiert werde wie die anderen.”

Vorbestraft

Der Angeklagte ist wegen zweifacher Nötigung vorbestraft. 2005 hatte er fremde Frauen in Wetter attackiert, davon mindestens einmal sexuell. Damals bekam er 32 Sozialstunden. Außerdem spielte er zu Hause am Computer ein Kriegs-Ballerspiel.

Ein Psychiater prüft jetzt im Prozess seine Schuldfähigkeit. Am Mittwoch (17. Juni) könnte ein Urteil fallen.