Bochum. .

„Skimming“ ist eine weitere Form neuer Kriminalität, die in Bochum zunimmt. Dabei werden Kundendaten beim Geldabholen am Bankautomaten ausgespäht. Die Redaktion sprach mit einem Kripo-Beamten. „Die Tendenz ist in den letzten Jahren massiv ansteigend.“

Die Verbrecher kommen meistens nachts, wenn im Vorraum der Bank niemand da ist. Ihr hinterlistiges Handwerk heißt „Skimming“: ein englischer Begriff für das Ausspähen von Daten auf EC-Karten. Auch Bochum wird immer öfter davon heimgesucht. Der Bochumer Kriminalhauptkommisssar Frank Hientzsch sagte im Gespräch mit der WAZ, dass allein in diesem Jahr in Bochum bereits 24 Skimming-Fälle bekannt wurden. „Die Tendenz ist in den letzten Jahren massiv ansteigend. Bundesweit.“

„Absolut organisierte Kriminalität, mit strenger Hierarchie.“

Es sind reisende Kriminelle am Werk. „Die Täter sind fast ausnahmslos Rumänen oder Bulgaren. Es läuft immer bandenmäßig. Es ist absolut organisierte Kriminalität, mit strenger Hierarchie.“ Die Hintermänner selbst machen sich die Finger nicht schmutzig. Sie schicken so genannte „Läufer“ an die Bankautomaten. Diese bauen dort originale Bauteile ab: die kleinen Kunststoffvorbauten am Schlitz für die EC-Karte und Blenden über der Tastatur. Diese Teile präparieren sie auf ihrer Rückseite mit einem winzigen Kartenlesegerät und einer Handy-Kamera - und kleben die manipulierten Teile wieder an den Automaten. Manchmal ist diese Mini-Kamera auch an der Raumdecke versteckt.

„Es ist häufig optisch nicht erkennbar, weil es Originalbauteile sind“

Die Fotolinse soll den Bankkunden beobachten, wie er seine PIN-Nummer eintippt. Gleichzeitig zeichnet das installierte Kartenlesegerät die persönlichen Kartendaten des Kunden auf. Dieser merkt von alledem nichts. „Es ist häufig optisch nicht erkennbar, weil es Originalbauteile sind“, sagt Hientzsch. „Wir hatten schon Fälle, da hingen die Geräte über Wochen dran - und keinem fiel es auf.“

Der Kunde erfährt von dem Trick erst, wenn er einige Tage später seinen Kontoauszug liest und ihm ein Schrecken durch die Glieder fährt.

In der Zwischenzeit haben die Täter ihr heimliches Lesegerät und die Kamera wieder abmontiert und die erbeuteten Daten auf eine Doublette kopiert, eine eigene Karte, die sie als Rohling im Elektronikhandel gekauft haben. An einem Bankautomaten im Ausland haben sie dann damit das Bargeld des arglosen Kunden abgehoben. Die gefilmten PIN-Nummern haben sie problemlos zuordnen können. Ins Ausland müssen die Täter, weil eine kopierte EC-Karte in Deutschland nicht funktioniert. „Die Doubletten werden im Ausland ausgeschlachtet bis zum Erschöpfen des Verfügungslimits“, sagt Hientzsch.

Schaden wird erstattet

Pro Einzelkunde erbeuten die Täter 1000 bis 1500 Euro. Pro manipuliertem Bankautomat sind 20 bis 50 Kunden betroffen mit 30.000 bis 50.000 Euro Gesamtschaden. Ihr Geld bekommen die Bankkunden jedoch erstattet. „Die Banken haben einen Gemeinschaftsfonds, aus dem die Schäden beglichen werden.“ Der jährliche Euro-Schaden bundesweit, vermutet der Kripo-Beamte, liegt in dreistelliger Millionenhöhe.

Die Aufklärungsquote in Bochum schätzt der Kripo-Beamte auf 20 Prozent. Zuletzt wurden zwei „Läufer“ in Bochum Mitte Juli geschnappt, auf frischer Tat beim Anbringen der Technik. Mitten in der Innenstadt.

„Läufer“, sagt Hientzsch, „sind die Kleinsten in der Kette. Sie bekommen einen kleinen Obulus dafür.“ Dieser Täterlohn steht in keiner Relation zur Strafhöhe. Skimming wird strafjuristisch als „Verbrechen“ eingestuft. Die Mindeststrafe beträgt da ein Jahr Haft.

Kunde sollte das Eingeben seiner PIN mit der Hand abdecken

Schützen kann sich der Kunde, indem er das Eintippen seiner PIN mit der Hand oder einem anderen Gegenstand unmittelbar abdeckt. „Das ist ein probates Mittel und einfach“, meint Hientzsch. Meistens werden die Automaten von den Skimming-Tätern für das Wochenende präpariert, weil dann kein Personal in der Bank ist.

Bald soll es mehr Schutz geben. „Magnetstreifenkarten sollen in den nächsten Jahren komplett abgeschafft werden. Dann sollen Karten nur noch mit einem EMV-Chip kommen. Der soll von Fremden nicht mehr auslesbar und kopierbar sein. Die Automaten müssen weltweit umgestellt werden.“