Bochum. .

In Bochum werden 835 Meter an Dokumenten aus dem eingestürzten Archiv der Stadt Köln erfasst. Meist sind es Akten und Fotos, die nun seit mehr als vier Wochen von Mitarbeitern des Kölner Archivs und Ehrenamtlichen geordnet und zusammengeführt werden.

Vorsichtig blättert Karoline Meyntz in einem Fotoalbum über den berühmten Kölner Komponisten Jacques Offenbach. „Alles ist verschmutzt oder beschädigt“, sagt die Mitarbeiterin des Historischen Archivs der Stadt Köln. Das Album gehört zu den 835 Metern des Materials aus dem eingestürzten Kölner Stadtarchiv, das in Bochum gelagert und gesichtet wird.

Dr. Ingrid Wölk, Leiterin des Bochumer Stadtarchivs, hatte vor eineinhalb Jahren unmittelbar nach dem Unglück ihren Kölner Kollegen Hilfe angeboten. Weil das alte Domizil an der Kronenstraße seit dem Umzug an die Wittener Straße Kapazitäten frei hatte, wurde dort eines von 19 Asylarchiven eingerichtet.

Eine sechsköpfige Projektgruppe arbeitet seither an der Kronenstraße; Akten, Fotos, Dokumente müssen erfasst, teils gelesen und zugeordnet werden, bevor sie für die spätere Restaurierung verpackt werden können. Karoline Meyntz: „Wir müssen jedes Stück in die Hand nehmen, Knicke, Risse und Verschmutzung registrieren. Nasse Papiere werden zunächst gefriergetrocknet. Jedes Teil ist voller Baustaub, der die Dokumente langfristig zerstören würde.“ Neben haufenweise Akten fanden die Archivare im Bochumer Asyl auch Fotodokumente eines der berühmtesten Kölner, Willy Millowitsch.

Letzte Bergungsphase im November 2010

Das größte Kopfzerbrechen bereiten den Historikern aber die Schnipsel, die sie „Köln-Flocken“ tauften: Geschätzte fünf Millionen Papierfetzen, die aus dem Kölner Einsturzloch geborgen werden konnten, sind nicht zuzuordnen. „Da setzen wir auf die Technik der Zukunft“, erklärte dazu Dr. Bettina Schmidt-Czaia, Leiterin des Kölner Historischen Archivs. Dazu aber müsste die „Stasi-Schnipsel-Maschine“ weiterentwickelt werden, um historische Dokumente erfassen zu können. Zudem fehlte dafür das Geld (2,8 Mio €).

Immerhin konnte ein Großteil der Kölner Schätze bereits geborgen werden; „geborgen, nicht gerettet“, sagt Schmidt-Czaia. Nur drei Prozent lägen noch unter Wasser. Den Totalverlust betrage fünf Prozent.

Nahe der Kölner Uni soll der Neubau fürs Historische Archiv entstehen, Fertigstellung: 2014. Bis dahin hoffen die Kölner, die aufgeteilten Bestände in möglichst vielen Asylarchiven belassen zu können. Doch einige brauchen ihre Räume selbst. Bochum zumindest macht den rheinischen Kollegen Mut, deren Schätze auch die weiteren vier Jahre zu beherbergen.

Die Kosten für die Interimslösungen quer durch die Republik beziffert Schmidt-Czaia auf 400 Millionen Euro (ohne Neubau). Die letzte Bergungsphase restlichen Archivmaterials soll im November stattfinden; dann kann mit der Reinigung der bereits gesichteten und erfassten Papiere begonnen werden. Die Restaurationsphase soll fünf Jahre dauern.