Bochum.

Vier Festivaltage sind zu Ende. Bochum Total 2010 hat nach Schätzungen der Polizei die Eine-Million-Besucher-Marke geknackt. Am Abschlusssonntag zog es laut Polizeisprecher Axel Pütter noch einmal rund 250 000 Menschen in die Innenstadt.

Im Jahr des 25-jährigen Bestehens hatte es das Wetter aber auch wirklich ausgesprochen gut gemeint. An allen Tagen Sonne pur für bestes Festivalgefühl. Auch Veranstalter Marcus Gloria von der Agentur Cooltour freute sich sehr: „Über einen bis jetzt reibungslosen Ablauf ohne große Zwischenfälle, das hat auch die Polizei gelobt“, wie er Sonntagabend kurz vor dem Ende des Bühnenprogramms sagte. Zum Abschluss standen Hauptact Madsen auf der 1Live-Bühne, Nikka Costa auf der Ring-Bühne und Pamela Falcon auf der WAZ-Bühne.

Ganz hervorragend habe, so Gloria, das Zusammenspiel des Still-Lebens auf der A 40 mit Bochum Total geklappt. Am Abend seien viele Radfahrer zum Festivalgelände gekommen - direkt von der Autobahn mitten hinein ins Bermudadreieck.

Sonntag war das totale Finale. Vier volle Festivaltage liegen nun hinter Bochum. Was bleibt, sind die Erinnerungen an eine supersonnige Zeit voller musikalischer Neuentdeckungen und gefeierter Rockgrößen. Bochum Total bedeutet aber auch eine Belastungsprobe und starke Nerven. Am Sonntag sah es in der Innenstadt wieder so aus wie an den drei Tagen zuvor auch: Parkplätze waren Mangelware, der Hauptbahnhof war rappelvoll.

Zum Abschluss des Musikfestivals Bochum Total wurde es noch einmal voll in der Bochumer Innenstadt. Hier spielt die Band Royal Republic auf der 1-Live-Bühne. Foto: Arne Poll, WAZ/FotoPool
Zum Abschluss des Musikfestivals Bochum Total wurde es noch einmal voll in der Bochumer Innenstadt. Hier spielt die Band Royal Republic auf der 1-Live-Bühne. Foto: Arne Poll, WAZ/FotoPool © WAZ

Zu den Top-Acts am finalen Tag zählten Madsen, auf die sich viele, viele Fans schon die ganze Zeit gefreut hatten. Es war einer der ersten Auftritte von Sänger Sebastian, nachdem er sich vor einigen Monaten bei einem Videodreh übel seine Hand verknackst hatte. Eine sagenhafte Atmosphäre herrschte da am späten Sonntagabend vor der 1Live-Bühne bei einer Band mit Hang zur großen Hymne und unglaublicher Wucht beim Live-Spektakel.

So etwas wie Madsen in klein und leicht entschärft sind „Fertig, Los!“. Ein seltenes Bild: ein Mann am Mikro und eine Frau am Bass. Julia hatte sich jedenfalls für das Bochumer Publikum fesch gemacht, mit pinkem Kleidchen. „Fertig, Los!“ gehören jetzt schon zu den etablierteren unter den vielen deutschen Nachwuchsbands, denn sie haben inzwischen ihr zweites Album draußen. Darauf auch das hitverdächtige „Wenn du mich brauchst“, das kannten aus dem Publikum am Südring viele.

Hierzulande noch eher unbekannt, in Holland bereits (zu Recht!) als Ausnahmetalente gefeiert: das sind „Awkward I“. Auf der WAZ-Bühne haben sie ein ganz starkes Stück Bochum Total geboten. Das Austauschprogramm „DTEP“ NL-RU-HR hatte die Niederländer nach Bochum gelotst. Wer sie verpasst hat oder gerne noch ein weiteres Mal sehen möchte, dem sei ans Herz gelegt: Am 28. August treten sie auch beim Zeltfestival Ruhr am Kemnader See auf. Den Musikstil von Awkward I zu beschreiben, ist nicht ganz einfach. Poppiger Indie-Folk trifft es in etwa. Jedenfalls klingt es sehr durchdacht, sehr formvollendet und intelligent, wenn Sänger Djurre de Haan loslegt. Er sah so aus, als hätte er die letzte Nacht am Strand geschlafen und obendrein nicht lange - aber das muss ja nichts Schlechtes bedeuten. Durchaus schnuckelig anzusehen, der Djurre. Im Hintergrund zu seinem Gesang tauchte so manches für eine Rockband untypische Instrument auf, beispielsweise eine Geige.

Gute Stimmung bei Bochum total.
Gute Stimmung bei Bochum total. © WAZ

All das zusammen, die Instrumente, diese Stimme, gestochen scharf formulierte Worte zu Liedern, die Titel wie „Rockstars“ tragen, und diese beruhigende Unaufgeregtheit vermischten sich zu einem wahrlich sehens- und hörenswerten Musikerlebnis.

Ganz anders, aber auf ihre Art auch professionell, der Auftritt von Emma6 auf der 1Live-Bühne: Äußerlich wären sie glatt als Schülerband durchgegangen, aber das, was sie da vor großer Kulisse zelebrierten, hatte schon Hand und Fuß. Einmal gehört, bekam man Lieder wie „Paradiso“ nur ganz schwer wieder aus dem Kopf. Anfang 2011 bringen die drei Jungs ihr erstes Album raus, es wird mit Sicherheit indiepoprockig und gut hörbar sein.

Hauptact an Tag drei waren „Livingston“ - zu diesem Zeitpunkt war vor der 1Live-Bühne nun wirklich kein Durchkommen mehr. Der Südring und die Viktoriastraße - rappelvoll. Die Fans wurden wahrlich nicht enttäuscht: Die Alternative-Band aus London (Top-Hit: „Broken“) ließ es richtig krachen. Und zwar souverän, laut, einfach gut.