Bochum. Mehr als 30.000 Euro hat Klaus Rudnik geerbt. Einen Teil soll er ans Finanzamt abführen. Wovon?, fragt sich der Rentner. Das Geld hat er nicht.
Nahe gestanden haben sie sich nicht. Aber als Klaus Max Rudnik vom Tod seines Cousins aus Herne erfahren hat, war er schon betroffen. Schließlich war der deutlich jünger als er selbst. Das war vor drei Jahren. Als einer der letzten Verwandten sollte der heute 78-Jährige auch erben. Eigentlich erfreulich. Doch das entpuppt sich mittlerweile als heikle Angelegenheit. „Das Finanzamt Bochum hat mich aufgefordert, Erbschaftssteuer zu bezahlen. Aber ich habe noch gar kein Geld aus dem Erbe erhalten.“
Kleine Rente nicht, um Erbschaftssteuer jetzt schon zu bezahlen
32.682 Euro soll Rudnik bekommen. Heißt es in einem Schreiben des Finanzamts Bochum-Süd aus dem November; verbunden mit der Aufforderung, bis zum 27. Dezember 3780 Euro Erbschaftssteuer zu bezahlen. „Das will ich gerne bezahlen“, sagt der Erbe im Gespräch mit dieser Redaktion. „Aber wovon?“ Er habe eine kleine Rente, 1025 Euro im Monat, die gerade einmal für das Nötigste reiche. „Ich habe denen beim Finanzamt gesagt, sie sollen doch einfach die Steuer von meiner Erbschaft abziehen. Aber das ginge nicht, hieß es da.“
Fast fünf Jahre nach dem Tod des Cousins haben sich bei Rudnik etliche Schreiben im Zusammenhang mit der Erbschaft angesammelt. Nur das Erbe selbst ist noch nicht da. Das ist aus Sicht des Rentners schwer nachvollziehbar.
Lange Zeit hat das Gericht nach den Erben gesucht
Beim zuständigen Nachlassgericht in Herne wissen sie mehr. 2019 sei ein Nachlasspfleger damit beauftragt worden, mögliche Erben ausfindig zu machen. Das hat vier Jahre gedauert; dokumentiert ist alles in einer mittlerweile mehrere Hundert Seiten dicken Akte. Nun stehen die drei Erben fest, das vererbte Geld liegt bei der Hinterlegungsstelle des Amtsgericht Herne. Und eigentlich könnte es ausbezahlt werden.
Aber: „Jetzt hat sich der unglückliche Fall ergeben, dass einer dieser Erben verstorben ist – ihrerseits aber auch wieder drei Abkömmlinge hat, das heißt also die drei Abkömmlinge treten an die Stelle des dritten Erben. Die müssen auch zustimmen. Wenn die Zustimmung vorliegt, wird das Geld ausbezahlt“, erklärt Amtsgerichtsdirektor Klaus Prüfer. Diese Zustimmungen lägen aber noch nicht vor.
Erben müssen Erbschaft beim Finanzamt angeben
Klaus Rudnik muss also weiter warten und hat erst einmal dem Finanzamt geschrieben und versucht, die Umstände zu erklären. Zugleich fragt er sich, wie es kommen kann, dass die Finanzbehörde überhaupt über Daten verfügt.
Ganz genau möchte sich die Oberfinanzdirektion NRW in Münster dazu nicht äußern. Die von Rudnik gegenüber dieser Redaktion erteilte Einverständniserklärung zur Weitergabe von persönlichen Daten sei nicht ausreichend, heißt es. Nur so viel lässt sie wissen: „Eine Erbschaft ist beim Finanzamt anzuzeigen.“ Dies müsse der Erbe tun, aber auch u.a. Vermögensverwalter, Gerichte, Behörden, Beamte und Notare. Und: „Eine Steuerfestsetzung erfolgt unabhängig davon, ob die Erbschaft bereits auseinandergesetzt ist. Wird eine Steuer nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt, entsteht ein Säumniszuschlag.“
Miterben müssen noch ihr Einverständnis erklären
Und den hat sie – trotz der Umstände, die Klaus Rudnik in einem Schreiben an die Finanzbehörde geschildert hat – auch erhoben. 37,80 Euro kommen auf den Steuerbetrag drauf, zahlbar bis zum 27. Januar. Auch diese Frist ist mittlerweile verstrichen. „Wovon soll ich das denn bezahlen?“, fragt der Erbe. Das geerbte Geld habe er doch immer noch nicht bekommen.
Sehnsüchtig wartet er jetzt jeden Tag auf die Post – und die Nachricht, dass die ausstehende Zustimmung der Miterben endlich vorliegt und das Nachlassgericht die Erbschaft auszahlt. Dann wäre auch der nächste Säumniszuschlag des Finanzamts Bochum zu verkraften, der mittlerweile fällig geworden sein dürfte.