Bochum. Bochum geht beim Klimaschutz voran: Der Rat beschloss eine milliardenschwere Strategie für mehr Nachhaltigkeit. Die Debatte war kontrovers.

Bochum will beim Klimaschutz vorangehen. Der Rat brachte am Donnerstag eine „Nachhaltigkeits-Strategie“ auf den Weg. Sie umfasst 11,2 Milliarden Euro und hat ein Ziel: Die Stadt bis 2035 klimaneutral zu machen.

Mehr als 300 Seiten umfasst die Agenda, die die Stadt zusammen mit der Politik und verschiedenen Umweltverbänden und weiteren gesellschaftlichen Gruppen erarbeitet hat. Nachdem Bochum 2019 symbolisch den „Klimanotstand“ ausgerufen hatte, soll die „Nachhaltigkeitsstrategie“ die Bemühungen um Umwelt- und Klimaschutz massiv fördern und verfestigen. Der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und des Radwegenetzes sind dabei nur einige der 200 bezeichneten Maßnahmen für die nächsten zehn Jahre. Auch Gesundheitsvorsorge, Lärmschutz und sozialer Wohnungsbau zählen zu den Kernpunkten.

Rat beschließt 11-Milliarden-Programm: Aber es gibt scharfe Kritik

Im Rat herrschte am Donnerstag Einigkeit: Verbesserter Klimaschutz ist eine elementare Zukunftsaufgabe. Am Weg dorthin jedoch scheiden sich die Geister.

SPD und Grüne würdigten die Nachhaltigkeitsstrategie als Meilenstein für ein umweltfreundliches und soziales Bochum. Niemand werde dabei finanziell überfordert, alle würden mitgenommen, versicherte Jörg Czwikla (SPD), Vorsitzender des Ausschusses für Umwelt, Sicherheit und Ordnung. „Wir haben unsere Hausaufgaben erfüllt“, betonte der grüne Fraktionschef Sebastian Pewny.

Stadtgestalter: Klimaneutralität bis 2035 ist „illusorisch“

Die CDU spricht von einer „Wahlkampftüte“ (Fraktionsvorsitzender Karsten Herlitz) und „Träumerei“ (Roland Mitschke) und zweifelt massiv an, ob die 11,2 Milliarden Euro tatsächlich fließen werden. Gefährlich werden könnte es obendrein. Eine Fahrerlaubnis allein für Elektroautos in der Innenstadt („Blaue Plakette“) würde die Krise im City-Handel weiter verschärfen, warnt Jörg Czwikla. Derweil vermisst Volker Steude (Stadtgestalter) jährlich klar bemessene CO2-Einsparvorgaben. Auf Grundlage des jetzigen Plans sei es „illusorisch“, dass Bochum bis 2023 klimaneutral werde.

Stadtbaurat Markus Bradtke verdeutlichte, dass die 11,2 Milliarden Euro „natürlich“ nicht allein aus dem städtischen Haushalt zu stemmen seien. Die Gesamtsumme umfasse sämtliche volkswirtschaftlichen Leistungen, neben öffentlichen Geldern der Stadt, des Landes, Bundes und der EU auch private und gewerbliche Investition. „11,2 Milliarden sind viel Geld“, sagte Martina Schmück-Glock (SPD). Der volkswirtschaftliche Nutzen werde aber deutlich größer sein, allein deshalb, weil ohne ausreichenden Klimaschutz noch mehr Extremwetter-Ereignisse katastrophale Schäden verursachen würden.

Rot-grüne Ratsmehrheit bringt Agenda auf den Weg

Mit der Stimmenmehrheit der rot-grünen Ratskoalition, die noch kurz zuvor einen Änderungsantrag eingebracht hatte, wurde die Nachhaltigkeitsstrategie beschlossen: „um auch künftigen Generationen gute städtische Lebensbedingungen zu ermöglichen“, so Ronja Reyes, umweltpolitische Sprecherin der Grünen.