Bochum. Erkrankungen der Wirbelsäule nehmen zu. Das WAZ-Nachtforum in Bochum zeigte auf, wann welcher Eingriff notwendig ist. Eine Patientin macht Mut.

Nach neun Tagen konnte sie nach Hause gehen: „aufrecht!“, sagt Eva-Maria Mahn, ebenso stolz wie glücklich. Beim WAZ-Nachtforum berichtete die 70-Jährige über ihre Wirbelsäulen-Operation im Knappschaftskrankenhaus Langendreer. Die Schmerzen seien „zu 50 Prozent verschwunden“. Und: „Ich würde es immer wieder machen.“

Rückenschmerzen sind eine Volkskrankheit. Zwei von drei Deutschen klagen über das Kreuz mit dem Kreuz. Je älter, desto häufiger. In der Neurochirurgie der Bochumer Knappschaftsklinik landen die schweren Fälle: Patienten, bei denen der Verschleiß der Wirbelsäule und Bandscheiben chronische Schmerzen, Krämpfe und sogar Lähmungen verursacht, das Leben zur Qual werden lässt.

WAZ-Nachtforum Medizin: 150 Leserinnen und Leser in der Klinik-Cafeteria

So wie bei Eva-Maria Mahn. Im September kam die ehemalige Friseurin in Langendreer unters Messer. Angst habe sie vor dem Eingriff gehabt, berichtet die Wattenscheiderin im Patientengespräch beim WAZ-Nachtforum. Froh sei sie, den Schritt zum Schnitt gewagt zu haben. „Ich kann wieder schmerzfrei laufen.“

Den allermeisten Patienten könne gut geholfen werden, bekräftigt Dr. Malte Wiese. In seinem Vortrag vor rund 150 WAZ-Leserinnen und Lesern am Donnerstagabend in der fast komplett gefüllten Klinik-Cafeteria erläutert der Oberarzt der Neurochirurgie die OP, die auch Eva-Maria Mahn hinter sich hat: die Spondylodese. Heißt: das Versteifen der brüchigen und instabilen Bereiche der Wirbelsäule (die Mediziner sprechen von „Wirbelgleiten“).

Zurück im Leben: Eva-Maria Mahn berichtete beim WAZ-Nachtforum über ihre erfolgreiche Operation an der Wirbelsäule.
Zurück im Leben: Eva-Maria Mahn berichtete beim WAZ-Nachtforum über ihre erfolgreiche Operation an der Wirbelsäule. © FUNKE Foto Services | Gero Helm

Wirbelsäule wird mit Schrauben und Stäben stabilisiert

Mit Schrauben und Stäben, bei Bedarf auch mit Zement, wird die Fehlstellung korrigiert – für immer. Die Titan-Implantate halten für den Rest des Lebens, auch bei Knochenschwund (Osteoporose), versichert Malte Wiese. Fünf bis sieben Tage dauere die stationäre Behandlung. Eine Physiotherapie schließt sich an. Alsbald seien die meisten Patienten wieder beweglich, wieder auf den Beinen. Eine Reha sei in der Regel nicht erforderlich, so der Oberarzt.

Was tun, wenn die Rückenschmerzen unerträglich werden? Sich vom Hausarzt oder Orthopäden an die Klinik überweisen lassen und zur Sprechstunde möglichst gleich Röntgenbilder mitbringen, rät Malte Wiese. Die Wartezeiten für eine OP lägen aktuell bei sechs Wochen.

WAZ-Redakteur Jürgen Stahl begrüßte die Leserinnen und Lesern in der fast vollbesetzten Cafeteria des Knappschaftskrankenhauses.
WAZ-Redakteur Jürgen Stahl begrüßte die Leserinnen und Lesern in der fast vollbesetzten Cafeteria des Knappschaftskrankenhauses. © FUNKE Foto Services | Gero Helm

Bei Entzündungen ist Eile geboten

Eile geboten ist bei einer Entzündung der Bandscheibe und der angrenzenden Wirbelkörper (Fachbegriff: Spondylodiszitis). Die Erkrankung sei seit 15 Jahren „auf dem Vormarsch“, schildert Dr. Matthias Neef, gleichfalls Oberarzt in der Neurochirurgie. Lähmungen und Beeinträchtigungen der Blasen-/Darmfunktion drohen. Tückisch: Die Symptome wie Fieber, Schüttelfrost und Schmerzen in Rücken, Schultern, Armen und Beinen sind wenig aussagekräftig, die Früherkennung entsprechend schwierig. Klarheit bringe die „Röhre“: eine MRT-Untersuchung.

„Für drei Monate ab ins Gipsbett!“, hieß es früher. Längst vorbei, beruhigt Matthias Neef. Eine mehrwöchige Antibiotika-Therapie zeige bei einer Entzündung häufig schon Wirkung. Im fortgeschrittenen Stadium sei auch hier eine Versteifung das Mittel der Wahl, um den befallenen Wirbelkörper ruhigzustellen und ausheilen zu lassen. „Die Prognosen sind trotz steigender Zahlen positiv“, so Neef. Wichtig sei eine schnelle Versorgung, „immer in einer spezialisierten Klinik“.

Verwirrtheit nach Operationen: Auch Angehörige können helfen

Ist eine Wirbelsäulen-OP erforderlich, muss sie in Vollnarkose erfolgen. Deren Nebenwirkungen können massiv sein. Jeder vierte Patient falle anschließend in einen Verwirrtheitszustand, Delir genannt. Oberarzt Dr. Paroslav Parpaley (er vertrat beim WAZ-Nachtforum seinen erkrankten Kollegen Prof. Mortimer Gierthmühlen) erkennt ein „ernstes und wachsendes Problem, gerade bei älteren Menschen“.

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Parpaley rät, vor dem Eingriff mit den behandelnden Ärzten zu entscheiden, ob bestimmte Medikamente kurzzeitig abgesetzt werden können. Möglichst schonende OP-Techniken verringerten zudem die Gefahr eines Delirs. Auch Angehörige können ihren Beitrag leisten: indem sie nach dem Eingriff am Krankenbett stehen, um ihren Liebsten in den ersten Stunden und Tagen Halt und Orientierung zu geben.

Rund 150 Leserinnen und Leser ließen sich beim WAZ-Nachtforum Medizin in Langendreer über Eingriffe an der Wirbelsäule informieren.
Rund 150 Leserinnen und Leser ließen sich beim WAZ-Nachtforum Medizin in Langendreer über Eingriffe an der Wirbelsäule informieren. © FUNKE Foto Services | Gero Helm

Patientin ist nach Wirbelsäulen-OP wieder zurück im Leben

Das Risiko bleibt. Eines jedoch hielte Paroslav Parpaley für fatal: eine medizinisch notwendige Operation aus Furcht vor einer Verwirrtheit nicht wahrzunehmen.

Eva-Maria Mahn hat ihren Wirbelsäulen-Eingriff geistig unbeschadet überstanden. Fit und fröhlich präsentiert sie sich beim WAZ-Nachtforum. Nach der langen Leidenszeit steht sie wieder im Leben. Aufrecht.

Die Vorträge des WAZ-Nachtforums können auf der Internetseite des Knappschaftskrankenhauses nachgelesen werden: kk-bochum.de