Bochum. Am Tag nach dem Großbrand in einem Getränkemarkt in Bochum-Steinkuhl wird das Ausmaß deutlich. Die Nachbarn verbinden viel mit diesem Laden.

Knietief hat sich der Löschschaum auf die verkohlten Balken gelegt und verhüllt gnädig verschmorte Limonade-Kisten, Regale und bis zur Unkenntlichkeit verschmorte Waren. Die Brandursachenermittler der Kripo und eine Sachverständige balancieren durch diesen Trümmerhaufen, der einst der „Getränkemarkt Steinkuhl“ gewesen ist.

Keine Hinweise auf Brandstiftung

Nach dem Brand des Getränkemarktes in Bochum-Steinkuhl hat die Polizei nun Ermittlungen zur Brandursache aufgenommen. Nach derzeitigem Ermittlungsstand gibt es keinerlei Hinweis auf eine Brandstiftung. Ermittler gehen davon aus, dass ein technischer Defekt in einem Büro oder einen Lagerraum die Ursache für das Feuer gewesen ist.

Der Feuerwehreinsatz war erst um 2.30 Uhr am Dienstagmorgen beendet. Zuvor hatte das Technische Hilfswerk mit zwei Baggern letzte Glutnester freigelegt. Insgesamt waren rund 110 Einsatzkräfte aller drei Wachen der Berufsfeuerwehr, mehrerer Einheiten der Freiwilligen Feuerwehr sowie des THW im Einsatz.

Mehr als das: „Hier ist meine Kindheit verbrannt“, sagt Sophia Kokoreva. Für die Kinder und Jugendlichen in Steinkuhl sei das Geschäft Treffpunkt und Quelle süßer Leckereien zugleich gewesen. „Ich bin so oft hier mit 50 Cent in der Tasche hingegangen, um mir eine Wundertüte oder was Süßes zu kaufen. Sie kennen doch Wundertüten?“, fragt Sophie Kokoreva. Der Reporter nickt.

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Es sind nicht die üblichen Schaulustigen oder Gaffer, die an diesem Dienstagvormittag, am Tag nach dem verheerenden Feuer, vor dem völlig zerstörten Flachbau stehen. Nachbarn, Anwohner und Kunden sind gekommen und haben alle eine eigene kleine Geschichte zu erzählen. So etwa Jasmin Braun mit ihrem Hund „Panzer“, einem American Bully. „Eigentlich wollte ich gestern Nachmittag das Geburtstagsgeschenk für meine Tochter hier abholen, denn in dem Geschäft war auch ein Paketshop. Das ist wohl jetzt verbrannt“, erzählt sie.

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Besitzer versuchte noch, zu löschen

Etwas mehr Glück mit seiner am Montagmorgen aufgegebenen Paketsendung mit zwei lebenden Gespenstschrecken hatte Fabian Topp: „Ich hab sofort nachrecherchiert. Die beiden Insekten sind aber noch rechtzeitig rausgegangen und schon im Verteilzentrum angekommen.“ Auch für ihn ist mit dem Getränkemarkt jetzt ein wichtiger Mittelpunkt in Steinkuhl verschwunden.

Stefan Nötzel steht vor dem abgebrannten Getränkemarkt: Auch am Tag danach zieht es ihn runter: „Mir ist zum Heulen zumute.“
Stefan Nötzel steht vor dem abgebrannten Getränkemarkt: Auch am Tag danach zieht es ihn runter: „Mir ist zum Heulen zumute.“ © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Das findet Stefan Nötzel ebenso. Er hat das Feuer von Beginn an verfolgt, da er ganz in der Nähe wohnt und mit Familienmitgliedern vor dem Haus stand, als er den Rauch bemerkte, der plötzlich gegen 13 Uhr aus dem Gebäude gequollen ist. „Ich bin noch dahingelaufen, da kam mir der Inhaber schon entgegen. Bei einem Löschversuch hatte er sich die Haare versenkt.“

Binnen weniger Minuten hatte sich das Feuer im kompletten Getränkemarkt ausgebreitet. Einige Ersthelfer versuchten offenbar noch, mit kleinen Autofeuerlöschern zu helfen. Vergeblich. „Mir ist zum Heulen zumute“, sagt Stefan Nötzel, „ich bin mit dem Laden großgeworden.“

Jasmin Braun und ihr Hund Panzer wohnen ganz in der Nähe. Das Geschäft wird in Steinkuhl jedenfalls fehlen.
Jasmin Braun und ihr Hund Panzer wohnen ganz in der Nähe. Das Geschäft wird in Steinkuhl jedenfalls fehlen. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Währenddessen beschäftigen sich Uwe Neumann und Fred Cunow aus ganz anderen Gründen mit dem Brand. Fred Cunow, der ebenfalls in dem angrenzenden Mehrfamilienhaus-Komplex aus dem Jahr 1973 mit seinen Dutzenden Eigentumswohnungen lebt, ist Verwaltungsbeiratsvorsitzender, also gewählter Sprecher der Eigentümer.

Uwe Neumann (WEG Hausverwaltung) und Fred Cunow (Verwaltungsbeirat) sehen sich am Tag nach dem Feuer den abgebrannten Getränkemarkt an.
Uwe Neumann (WEG Hausverwaltung) und Fred Cunow (Verwaltungsbeirat) sehen sich am Tag nach dem Feuer den abgebrannten Getränkemarkt an. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Gemeinsam mit Neumann von der WEG-Hausverwaltung geht es für ihn jetzt darum, festzustellen, ob die angrenzenden Häuser, deren Bewohner und Bewohnerinnen während des Brandes evakuiert werden mussten, Schaden genommen haben. „Die Versicherung hat bereits ein Fachgutachten in Auftrag gegeben“, so Neumann.

Feuerwehr: Übergreifen der Flammen verhindert

Niemand weiß, wie groß die Schäden in der angrenzenden Tiefgarage oder an der Schieferfassade sind. Dass jedenfalls die Hitze sehr groß gewesen sein muss, ist zu erkennen an den vom Brand ganz grau gewordenen Blättern der nahen Bäume.

Feuerwehrchef Simon Heußen, der sich am Dienstagmittag persönlich ein Bild von der Schadensituation gemacht hat, bestätigt. „Ja, gerade zu Beginn des Brandes ging es natürlich darum, zu verhindern, dass die Flammen auf die angrenzenden Gebäude überspringen. Das ist uns zum Glück gelungen.“