Bochum. Schuhe Pittelkau war eine Institution in Bochum. Jetzt schließt der Schuhmacher sein Geschäft. Viele Kunden haben Tränen in den Augen.

Die letzten Wochen waren emotional. „Viele Kunden haben geweint, als sie das letzte Mal bei uns waren“, erzählen Burkhard und Martina Pittelkau. Knapp 30 Jahre haben die beiden das Schuhgeschäft an der Lothringer Straße 20 in Bochum-Gerthe gemeinsam geführt. Am Samstag hatten sie noch einmal geöffnet. Jetzt ist Schluss. Damit endet im Stadtteil eine Ära.

„Will keiner mehr machen“: Bochumer Schuhgeschäft schließt

Zu Wochenbeginn wird der Laden leer geräumt. Schuhe sind hier am Montagmorgen kaum noch zu finden. „Am Mittwoch muss alles raus sein“, sagt Burkhard Pittelkau. „Dann ist Abnahme mit dem Vermieter.“ Bestimmt 80 Jahre habe es an dieser Stelle in Gerthe einen Schuhmacher gegeben, schätzt der 65-Jährige. „Erst Völker, dann mein Vater. Mitte der Neunziger habe ich dann übernommen.“

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Ein Nachfolger sei nicht zu bekommen gewesen. „Keine Chance. Das will keiner mehr machen.“ Die Zeiten seien schlechter geworden, berichtet Pittelkau. Besonders seit Corona. „Da sind die Umsätze und die Kundfrequenz weggebrochen.“ Von daher sei jetzt der richtige Moment, aufzuhören.

Schuhe Pittelkau in Bochum ist ab sofort Geschichte. Der Räumungsverkauf ist abgeschlossen, jetzt wird der Laden geräumt.
Schuhe Pittelkau in Bochum ist ab sofort Geschichte. Der Räumungsverkauf ist abgeschlossen, jetzt wird der Laden geräumt. © FUNKE Foto Services | Gero Helm

Ohnehin packen die Pittelkaus durchaus mit guter Laune die letzten Kartons, verstauen Schnürsenkel, die im Räumungsverkauf keinen Abnehmer gefunden haben, und heben die letzten Paar reparierte Schuhe auf, die von ihren Besitzern noch nicht abgeholt wurden. „Wir haben ja die Namen, die gehen also nicht verloren.“

Auf die Zeit „danach“ freut sich das Ehepaar. „Wir haben überhaupt kein Problem damit, zusammen zu Hause zu sein“, sagt Martina Pittelkau. Hobbys gebe es genug – Radfahren, Wandern, Fitness, nach Holland fahren. „Und wir haben dann jetzt auch mehr Zeit, unsere Tochter zu unterstützen“, sagt die 60-Jährige. „Die hat einen kleinen Reitstall und braucht immer mal Hilfe.“

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Zum Beispiel, wenn die Reitstiefel neu besohlt werden müssen oder Reißverschlüsse kaputt gehen. Dafür wird der Papa auch künftig zuständig sein. „Die passenden Maschinen habe ich von der Werkstatt in meine Garage gebracht.“ So ganz ohne Schuhmacherei geht es dann eben doch nicht.

„Ich habe meinen Job ja auch gerne gemacht“, sagt Burkhard Pittelkau. Das werde er schon vermissen. Auch die vielen netten Gespräche mit den Kunden. „Viele von ihnen kannten mich von klein auf. Ich bin ja schon als kleiner Junge hier durch den Laden gerannt.“ Früher habe die Familie direkt über dem Ladenlokal gewohnt. „Wenn mein Bruder und ich uns dann mal wieder gestritten haben, bat unser Vater die Kundschaft um Geduld, er müsse mal kurz nach oben...“

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Hat der Vater früher vor allem auch Lederwaren und Reisetaschen verkauft, konzentrierte sich Burkhard Pittelkau später auf den Verkauf (Schwerpunkt Bequemschuhe) und das Reparieren von Schuhen. Und Orthopädie. „Diesen Rat hat mir mein Vater damals gegeben. Und den würde ich auch so weitergeben. Ohne hätte man keine Chance zu überleben.“

Menschlich und fachlich hinterlasse er wohl tatsächlich ein Loch im Stadtteil, ist Pittelkau sicher. Man habe für die Kundschaft ja immer ein offenes Ohr gehabt. „Das ist wichtig in einem Vorort.“ Ebenso viel Wert habe er stets auf Qualität gelegt. Da werde künftig etwas fehlen. „Was machen wir denn jetzt?“ hätten viele Kunden mit Tränen in den Augen gefragt. Es habe oft auch nicht viel gefehlt und man hätte sich in den Armen gelegen. „Das war schon ein tolles Verhältnis, vor allem zu den Stammkunden“, sagen die Pittelkaus. Doch jetzt ist Zeit für ein neues Kapitel. „Und da freuen wir uns drauf.“

Von der Küche in die Werkstatt

Ursprünglich hatte Burkhard Pittelkau einen ganz andere Berufswunsch: Koch. Nach einem halben Jahr sei ihm jedoch klar geworden, dass er den falschen Weg eingeschlagen hatte. Pittelkau fragte bei seinem Vater Gerhard nach und wechselt von der Küche in die Schumacher-Werkstatt.

Viele Schuhmacher gebe es in der Gegend nicht mehr, sagt Pittelkau. „In Gerthe noch einen am Castroper Hellweg, auf den ich immer verwiesen habe. Aber sonst meines Wissens erst wieder in der Innenstadt, in Herne und Dortmund.“