Bochum. „Kleene Tocke“: Ein neues Restaurant im Bochumer Ehrenfeld weckt Neugier. Start ist am 1. August. Das steckt hinter dem Namen und Konzept.

„Kleine Tocke“ wurde das Ehrenfeld im Volksmund genannt, als Bochums angesagtes Wohn- und Geschäftsviertel im 19. Jahrhundert noch eine karg besiedelte Wald- und Wiesenlandschaft war. „Kleene Tocke“: So heißt das Restaurant, das Hayri Nargili und Bilal Balyemec demnächst an der Hattinger Straße eröffnen.

„Am 1. August soll’s losgehen“, sagt Hayri Nargili und freut sich auf den ersten Schritt in die Gastronomie. Seit 2020 betreibt der 34-Jährige einen Kiosk an der Hunscheidtstraße. „Zum Philosophen“ nennt er die Trinkhalle, an der auch Kultur auf dem Vorplatz und „Weisheiten der Woche“ auf einer Tafel geboten werden: eine Reminiszenz an sein Philosophie-Studium an der Ruhr-Universität.

„Kleene Tocke“ in Bochum: Erster Anlauf scheiterte am Geld

Mit seinem Studienfreund Bilal (29) schmiedete Nargili frühzeitig den Plan, neben der Bude auch in der Gastronomie Fuß zu fassen. Als Mario und Isabella Tribuzio ihr langjähriges Ristorante „Rimini“ an der Hattinger Straße 10 aufgaben, dachten sie darüber nach, als Pächter einzusteigen. „Aber die notwendige neue Technik sprengte damals unseren finanziellen Rahmen.“

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Stattdessen richtete sich ihr Blick auf das nahegelegene „Biercafé“. Unter der Regie von Rüdiger „Bolle“ Boldt hatte sich die kleine Kneipe am Shakespeare-Platz, unweit des Schauspielhauses, einen exzellenten Ruf als Kulturtreff erworben. Auch die Außenterrasse war nicht nur bei Theatergängern beliebt.

Eine Pflanzenwand mit goldfarbenem Fahrrad zählt zur Inneneinrichtung der „Kleenen Tocke“ von Hayri Nargili (re.) und Bilal Balyemec.
Eine Pflanzenwand mit goldfarbenem Fahrrad zählt zur Inneneinrichtung der „Kleenen Tocke“ von Hayri Nargili (re.) und Bilal Balyemec. © WAZ Bochum | Jürgen Stahl

„Biercafe“ soll bis zum Spätsommer wieder an den Start gehen

In der Corona-Krise 2021 war Schluss. Die Bochumer Wirtschaftsentwicklung als Eigentümer suchte einen Nachfolger. Hayri Nargili und Bilal Balyemec erhielten in diesem Frühjahr den Zuschlag. Zwar war der für den Neustart angepeilte 1. Juni nicht zu halten: „Handwerker haben mehrfach ihre Termine verschoben.“ Bis zum Spätsommer werde das „Biercafé“ aber wieder in Betrieb sein, verspricht das Duo.

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Wie es zusätzlich zur „Kleenen Tocke“ kam? Nargili und Balyemec schmunzeln. Eigentlich hatten sie das Lokal schon abgeschrieben, nachdem im Sommer 2022 hier die Kette „Paco’s Tacos“ mit ihrer ersten Filiale im Ruhrgebiet die Fans der Tex-Mex-Küche bediente. Doch überraschend schnell war an der Hattinger Straße der Ofen aus. Nach einem halben Jahr gab Sven Ruhr als Franchisenehmer auf: Das Konzept habe nicht ausreichend funktioniert. Die Dauerbaustelle unmittelbar vor dem Restaurant habe dazu beigetragen.

Historiker Dirk Ernesti stellte Bilder des alten Ehrenfelds bereit

Das Lokal mit erneuerter Technik stand unvermittelt leer. Damit war für Nargili und Balyemec der Weg frei. „Wir wollten eigentlich nur eine Gastronomie – und haben zwei bekommen, Luftlinie wenige hundert Meter entfernt“, sagen sie und sind gleichwohl zuversichtlich: Sowohl das „Biercafé“ mit dem Schwerpunkt Getränke als auch die „Kleene Tocke“ als Restaurant – inzwischen ohne Baustelle – werden funktionieren.

Der Umbau in der „Tocke“ (mittelhochdeutsch für Puppe) läuft. Auf 100 Quadratmetern entsteht eine Art Wohnzimmer für das Ehrenfeld, in Anlehnung an die bäuerliche Geschichte mit Pflanzenwand samt güldenem Fahrrad, einer Holztür von 1902, Korken-Säule und historischen Bildern, bereitgestellt vom Ehrenfeld-Historiker Dirk Ernesti.

Seit 2020 betreibt Hayri Nargili den Kiosk „Zum Philosophen“ an der Hunscheidtstraße im Ehrenfeld.
Seit 2020 betreibt Hayri Nargili den Kiosk „Zum Philosophen“ an der Hunscheidtstraße im Ehrenfeld. © FUNKE Foto Services | Olaf Ziegler

Kiosk „Zum Philosophen“ an der Hunscheidtstraße soll erhalten bleiben

Die Küche werde international aufgestellt sein, „mit Hand und Herz“, gemäß ihren familiären Wurzeln u.a. mit türkisch-kurdischen Spezialitäten, kündigen die „Tocke“-Macher an und hoffen: „Dies wird ein multikultureller Ort für alle Generationen“; geöffnet ab dem Nachmittag, am Wochenende ab 10 Uhr mit Brunch, später auch mit Mittagstisch.

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Der „Philosophen“-Kiosk bleibe trotz der Mehrfachbelastung dank der Mithilfe von Freunden und Verwandten erhalten. Hayri Nargili und Bilal Balyemec: „Das ist für uns Ehrensache im Ehrenfeld.“