Bochum. Bochum geht die Wärmewende an: mit einem doppelt so großen Fernwärmenetz und sauberer Energie. Die Pläne gibt es schon. So sehen sie aus.

Viele Eigentümer älterer Häuser in Bochum rätseln seit einigen Monaten darüber, ob sie angesichts des neuen Gebäudeenergiegesetzes in eine neue Heizung investieren müssen und ob eine Wärmepumpe die beste Alternative für die bisherige Gas- oder Ölheizung ist. Zumindest bis zum Herbst sollten sie mit einer Entscheidung warten. Dann nämlich wollen die Stadtwerke Bochum ihre Pläne zum Ausbau des Fernwärmenetzes vorstellen.

Bochum will auf erneuerbare Wärmequellen umsteigen

Wessen Haus „günstig“ liegt, der kann womöglich in den nächsten Jahren von diesem Ausbau profitieren und auf Fernwärme umsteigen. Unter anderem im Innenstadtbereich, aber auch in anderen Teilen der Stadt sieht das Energieunternehmen Potenzial, so Stadtwerke-Geschäftsführer Dietmar Spohn.

Aber: Die angestrebte Wärmewende gelingt nicht allein durch den Wechsel des Systems, also von einem Ofen im eigenen Haus zu einem Heizkraftwerk, das viele Häuser versorgt. Erreichen lässt sich dies allein durch den Umstieg auf erneuerbare Wärmequellen. Das „wird eine zentrale Aufgabe der kommenden Jahre sein“, so Spohn.

Stadtwerke Bochum peilen vollständige Dekarbonisierung an

In der Schublade hat das stadteigene Unternehmen nach eigenen Angaben nicht nur einen Ausbauplan für die Fernwärme als ein Ergebnis des Projekts „Wärmeplanung Bochum“. Es gebe auch „Ideen für eine vollständige Dekarbonisierung leitungsgebundener Wärme“, d.h. eine Wärmeerzeugung, ohne Kohlenstoffe zu produzieren. Derzeit werde geprüft, welche erneuerbaren Wärmeerzeugungsanlagen an welcher Stelle des Netzes integriert werden können. Spohn: „Perspektivisch wird es einen Mix aus Solarthermie, Biomasseheizwerk, Tiefengeothermie oder auch der Nutzbarmachung weiterer Grubenwasserwärme aus stillgelegten Steinkohlebergwerken wie bei Mark 51/7 geben müssen.“

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Dazu müsse geklärt werden, ob und wie sich diese Potenziale technisch und wirtschaftlich umsetzen lassen. Für diese Untersuchung haben die Stadtwerke einen Förderantrag gestellt und hoffen auf einen positiven Bescheid im August. Den konkreten Transformationsplan werden sie nach eigenen Angaben im Anschluss innerhalb eines Jahres, d. h. bis zum Spätsommer 2024, vorlegen. Sie werden ebenso wie die Pläne zum Ausbau der Wärmenetze in die „Kommunale Wärmeplanung“ einfließen, die derzeit federführend durch die Stadt Bochum vorangetrieben wird.

Grubenwasser und Tiefengeothermie haben großes Potenzial

Grubenwasser zu nutzen, wie dies demnächst auf Mark 51/7 geschieht, ist dabei eine Option – und zwar für das gesamte Ruhrgebiet. Grubenwasser ist nach Auskunft von Kostas Schinarakis, Sprecher der Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie IEG in Bochum, von Duisburg bis Hagen verfügbar.

Aber noch tiefer in der Erde gibt es weiteres Potenzial, nämlich tiefengeothermische Wärme, die bis zu 4000 Meter tief unter der Erde schlummert. In München wird deren Potenzial längst genutzt. Die dortigen Stadtwerke betreiben sechs Geothermieanlagen in der Region. Bis spätestens 2040 soll Münchens Bedarf an Fernwärme vollständig CO2-neutral gedeckt werden, vornehmlich mit Tiefengeothermie.

Geothermie könnte die Lösung für 80 Stadtwerke sein

NRW hat nach Einschätzung von Bochums Fraunhofer-Chef Professor Rolf Bracke ähnliches Potenzial: „Die Geothermie kann in NRW über 70 Prozent des kommunalen Wärmebedarfes decken.“ Die Rhein-Ruhr-Region mit ihrer „starken Tradition als Energie-, Industrie- und Bergbaustandort“ habe dabei alles, um die Herausforderungen der Wärmewende zu meistern. „Für die rund 80 Stadtwerke in NRW könnte Geothermie die Lösung sein, um ihre Kunden mit zuverlässiger und klimafreundlicher Wärme zu beliefern.“