Bochum. Eingebrochen sind die Fahrgastzahlen der Bogestra in der Corona-Pandemie. Nun erholen sie sich leicht. Die Geschäftszahlen sind dennoch tiefrot.

Mit viel Tamtam und mit großen Erwartungen hat die Bogestra vor dreieinhalb Jahren das „Netz2020“ eingeführt. Die Kurzformel: Ein besseres Leistungsangebot sollte mehr Kunden in die Busse und Bahnen des Nahverkehrsunternehmens locken. Es ist anders gekommen.

Bogestra-Defizit steigt erneut: auf 89 Millionen Euro

Um fast ein Viertel sind die Fahrgastzahlen seit 2019 – also vor Einführung des Netz2020 – zurückgegangen: von 143,4 Millionen auf 108,7 Millionen im Jahr 2022. Eine ernüchternde Bilanz, die durch die derzeit laufende Überprüfung des neuen Leistungsangebots nur bedingt zu erklären sein dürfte. Denn: Vor allem die Corona-Pandemie hat den Wachstumserwartungen der Bogestra einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht.

Wie dick dieser sinnbildlich rote Strich ist, zeigen die aktuell veröffentlichten Daten des Unternehmens, das den Städten Bochum und Gelsenkirchen gehört. Der Jahresabschluss 2022 weist ein Defizit von 89,04 Millionen Euro aus; noch einmal acht Millionen Euro mehr als ein Jahr zuvor. Und das, obwohl ein Ausgleich aus dem Corona-Rettungspaket für das 9-Euro-Ticket in Höhe von 37,8 Millionen Euro von Berlin nach Bochum geflossen ist und die Stadt Bochum 9,9 Millionen zugeschossen hat, um entgangene Einnahmen auszugleichen, die nicht durch den Rettungsschirm abgedeckt werden.

Bochum stemmt 2022 allen 51 Millionen Euro Verlustausgleich

Insgesamt muss Bochum nach Angaben der Stadt mit etwa 51 Millionen Euro für den Bogestra-Verlust geradestehen. Als Hauptanteilseigner trägt sie jedes Jahr die größte Last des Defizits, das aus dem Auftrag der Daseinsvorsorge erwächst: etwa 57 Prozent. Die weiteren Verlustausgleiche tragen Gelsenkirchen (etwa 25 Millionen Euro), Herne (6), Ennepe-Ruhr-Kreis (6), sowie Dortmund und der Kreis Recklinghausen mit jeweils sechsstelligen Summen.

Fast eine halbe Milliarde Euro investiert

Fast 500 Millionen Euro hat die Bogestra in den vergangenen zehn Jahren investiert.

2022 hat sie die Erweiterung und Modernisierung der Straßenbahnflotte abgeschlossen. Die im Jahr 2015 begonnene Beschaffung von 50 Bahnen vom Typ Vario 3 für insgesamt 134 Millionen Euro ist mir der Lieferung der letzten sechs Exemplare beendet.

Neu beschafft für seine Flotte hat das Unternehmen im Vorjahr acht Busse und 14 Gelenkbusse für knapp 7,3 Millionen Euro.

Zwar sind die Fahrgastzahlen gegenüber 2021 wieder leicht gestiegen; exakt um 4,6 Millionen. Aber die Einnahmen aus dem Ticketverkauf sind gesunken – wie auch der Kostendeckungsgrad. Die Gesamtaufwendungen in Höhe von 247,70 Millionen Euro, davon allein etwa 150 Millionen Euro (55 Prozent) an Kosten für die 2330 Beschäftigten, sind nur noch zu 64,05 Prozent durch Einnahmen gedeckt. 2021 waren es immerhin noch 65,37 Prozent.

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Verlust soll in diesem Jahr „nur“ 69 Millionen Euro betragen

Die Geschäftsführung gibt sich dennoch optimistisch. Sie erwartet nach dem Ende der Pandemie wieder mehr Fahrgäste, nicht zuletzt durch das Deutschlandticket „und das festzustellende steigende Bedürfnis nach Mobilitätsangeboten.“ Und sie setzt auf noch mehr Unterstützung aus öffentlichen Mitteln. „Gegenwärtig zeichnet sich ein Umdenken im Bereich der Mittelzuweisungen zur Unterstützung der Verkehrswende in Richtung des ÖPNV ab“, heißt es im Jahresabschluss.

Schon in diesem Jahr sollen die Geschäfte wieder besser laufen. Erwartet wird ein Defizit von „nur“ noch 69 Millionen Euro, etwa 39,5 Millionen Euro davon müsste Bochum tragen. Als Ausgleich für entgangene Einnahmen durch das Deutschlandticket rechnet die Bogestra mit etwa 25 Millionen Euro. Insgesamt soll das Einnahmenniveau auf 148 Millionen Euro steigen.

Ergebnis der Netz2020-Evaluation soll im Herbst vorliegen

Ob und wie stark das Nahverkehrsunternehmen außerdem an seinem Leistungsangebot schrauben muss, wird sich Ende des Jahres zeigen. Im Herbst wird die Bogestra, so die Stadt, der Verwaltung das Ergebnis der Netz2020-Evaluation vorstellen. Bis dahin soll dann auch das Ergebnis einer noch durchzuführenden Fahrgastumfrage bei den Nachtexpress-Linien ausgewertet werden.