Bochum. Künstliche Intelligenz erhält Einzug in Bochum Schulen. Längst werden Tools wie Chat GPT genutzt. Das hat erstaunliche Vorteile, aber nicht nur.
Judith (12) und Jimi (11) aus der Klasse 6c der Schiller-Schule stehen vor ihrem iPad. Sie klicken sich durch verschiedene Mathematik-Aufgaben – soweit noch ein recht normaler Unterrichtsablauf. Doch das Programm, das sie nutzen, ist ein besonderes. Es basiert auf Künstlicher Intelligenz (KI). Diese erhält immer mehr Einzug in die Klassenräume der Schulen in Bochum.
Die Aufgaben sind individuell auf die jeweiligen Schülerinnen und Schüler zugeschnitten. Während der eine Geometrie besser kann, ist die andere stärker im Bruchrechnen. Das erkennt auch die KI hinter dem Programm. „Uns bietet das zum Beispiel die Möglichkeit, Themen in kleinen Gruppen zu vertiefen“, berichtet Sebastian Schmidt, Lehrer für Informatik, Mathematik und Physik.
Schulen an Bochum nutzen immer häufiger Künstliche Intelligenz
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Generell: Gerade in den Naturwissenschaften, aber auch in anderen Fächern, wird KI an der Schule in Wiemelhausen mehr und mehr genutzt. Zum einen durch das sogenannte KI-basierte und adaptive Lernen – wie oben beschrieben. Zum anderen durch Spracherkennung, die eingesprochene in schriftliche Texte übersetzt. Und auch Chat GPT, ein Tool, das seit einigen Monaten in aller Munde ist, würde im Unterricht eingesetzt.
Der Blick in die Praxis: Ein paar Meter weiter stehen Emma (17), Marie (17) und Georg (16) vor Bildschirm und Tablet. „Wir lesen quasi Gedanken“, erklärt Georg. Mit einem EEG (Elektroenzephalographie) hat das Trio in den vergangenen Monaten immer wieder die Hirnwellen von Mitschülerinnen und -schülern gemessen, während diese ihre Augen mal geöffnet und mal geschlossen hatten.
Vereinfacht gesagt haben Emma, Marie und Georg daraufhin eine Möglichkeit entwickelt, die von sich aus nur anhand dieser Hirnwellen innerhalb von zwei Sekunden sagen kann, ob der Proband gerade geöffnete Augen hat – oder eben nicht. Das lasse sich noch weiter denken: Künftig könnten genau auf diese Art und Weise Roboter gesteuert werden, nur durch die Kraft der Gedanken.
Auch andere Schulen in Bochum beschäftigen sich intensiv mit der Künstlichen Intelligenz. An der Heinrich-von-Kleist-Schule (HvK) versammeln sich Schülerinnen und Schüler immer wieder in einem digitalen Klassenzimmer. Eine sogenannte KI-Assistenz nennt ihnen Beispiele, wie man sie einsetzen kann: „Erstelle eine Gliederung für ein Referat im Fach Erdkunde für die 7. Klasse zum Thema Klimawandel“ oder „Nenne fünf Argumente für und fünf gegen den Vorschlag, dass Jugendliche schon mit 16 wählen dürfen“, heißt es von ihr.
Künstliche Ergebnisse: Erstaunliche Ergebnisse
Die Ergebnisse sind erstaunlich. Gleichzeitig ordnet die KI aber auch ein: „Manchmal gebe ich Antworten, die zwar plausibel klingen, aber inhaltlich falsch oder frei erfunden sind“, erklärt das Tool. Künstliche Intelligenz sei ein großes Thema an dem Gymnasium in Gerthe, in vielen Bereichen. „Durch sie können wir differenzierte Lernangebote machen“, sagt Schulleiter Michael Braß. Er betont aber auch: „Es ist wichtig, neben den Möglichkeiten auch die Risiken zu sehen und kritisch zu hinterfragen, was valide ist.“
Susanne Muthig-Beilmann, Leiterin des Louis-Baare-Berufskollegs, findet :„Apps wie der Chat GPT können den Unterricht auf jeden Fall bereichern und für die Schüler*innen interessant und motivierend gestalten.“ Zum Beispiel könne es ein Gedicht oder einen Songtext zu einem Unterrichtsthema schreiben lassen, indem man ihm einfach nur ein paar Stichworte vorgibt.
Chat GPT verbieten? Bochumer Schulleiterin hat klare Meinung
Gerade in den iPad-Klassen des Wirtschaftsgymnasiums oder im Englischunterricht würde Chat GPT regelmäßig und selbstverständlich genutzt. „Ein ,Verbot’ an Schulen erscheint völlig unsinnig. Zum einen werden Schüler*innen Wege finden, diesen dennoch zu nutzen und zum anderen müssen die jungen Menschen auf den (zukünftigen) Umgang mit KI und deren Chancen und Risiken vorbereitet werden“, verdeutlicht Muthig-Beilmann.
Künstliche Intelligenz: Vorteile bei Klausur und Facharbeit?
Wie sorgen Schulen dafür, dass Künstliche Intelligenz nicht unerlaubt genutzt wird? „Wir stellen bei Klausuren zum Beispiel das Papier und andere Sachen, sodass Schülerinnen und Schüler nur den Stift mitnehmen müssen“, erklärt Michael Braß, Leiter der Heinrich-von-Kleist-Schule. Dass an anderen Orten – beispielsweise auf den Toiletten – Handys oder Ähnliches versteckt werden, davor könne man sich aber nicht gänzlich schützen.
Noch sei die Gefahr, dass Chat GPT bei Facharbeiten eingesetzt wird, nicht so hoch – weil das Tool keine Quellen angeben könne, so Braß. Doch das könne sich künftig ändern. Sabine Stanicki, Leiterin der Maria-Sibylla-Merian-Gesamtschule, ergänzt: „Eine hundertprozentige Sicherheit gibt es bei schriftlichen Arbeiten (wie Facharbeiten) nicht.“ Man thematisiere KI aber und weise darauf hin, dass wissenschaftliche Standard wie das richtige Zitieren besonders wichtig seien.
Noch könne man bei den Schülerinnen und Schülern, gerade im Englischunterricht, schnell nachweisen, wenn sie Aufgaben mit Chat GPT erledigen. Die Ergebnisse seien dann „auf einem sehr hohen sprachlichen Niveau“, sagt Susanne Muthig-Beilmann, Leiterin des Louis-Baare-Berufskollegs. Als Lehrkraft bemerke man den Unterschied.
An der Technische Berufliche Schule 1 erprobe man derzeit verschiedene Lösungsansätze. Dazu gehören die Einschränkung technischer Hilfsmittel und die Selbstverpflichtungen, zu kennzeichnen, wenn KI-Tools genutzt werden. Zudem analysiere man verschiedene Tools, die dabei helfen sollen, herauszufinden, ob Aufgaben mit einer künstlichen Intelligenz erledigt wurden oder nicht.
Inhalte erarbeiten, überprüfen und festigen – zu diesen Zwecken nutzen Schülerinnen und Schüler der Technischen Beruflichen Schule 1 Künstliche Intelligenz im Unterricht. „Wir bieten ihnen Zugang zu KI-Tools und -Ressourcen, die ihnen helfen, ihre Lernprozesse zu unterstützen und ihre Kenntnisse zu vertiefen“, so Leiter Thomas Glaß. Zudem startet zum neuen Schuljahr ein Differenzierungsbereich „Künstliche Intelligenz“ im Bildungsgang der Informationstechnischen Assistenten.
Herausforderung für die Schulen in Bochum
Am Hellweg-Gymnasium in Wattenscheid wird KI zwar noch nicht systematisch genutzt, doch die Fachschaften würden besprechen, wie sich das künftig ändern kann. Chat GPT zum Beispiel könne „eine große Unterstützung beim individualisierten Lernen sein“, findet Schulleiter Mathias Balliet.
Wolfram Hirschhausen, Leiter der Lessing-Schule, bringt es abschließend auf den Punkt: „Das Thema ist für uns als Schule herausfordernd und wird alle Beteiligten zukünftig kontinuierlich beschäftigen.“ Von der Vorstellung, dass man in diesem Bereich Lösungen finden, die von Dauer sind, müssen wir uns wohl verabschieden.
Wie schnelllebig KI ist, zeigt auch ein Beispiel von HvK-Schulleiter Michael Braß: Tests hätten ergeben, dass Chat GPT Abiturprüfungen noch Anfang des Jahres nicht bestanden hätte, bei den Abschlussprüfungen der Klasse zehn hätte es eine Note von zwei bis drei erreicht. Das hat sich bereits jetzt geändert, das aktuelle bayrische Abitur habe das Tool mit der Note „gut“ abgeschlossen. „Die Lernkurve ist relativ steil“, so Braß.