Bochum. An der Hiltroper Landwehr in Bochum-Gerthe soll ein Wohngebiet entstehen. Dazu gab es eine Bürgerversammlung. Das Projekt enthält Zündstoff.
Der Saal ist rappelvoll, als am Mittwoch der Bebauungsplan der Hiltroper Landwehr in der Anne-Frank-Realschule in Bochum-Gerthe vorgestellt wird. Und das nicht ohne Grund: Der Plan polarisiert.
Die Stadt Bochum will in dem Gebiet zwischen Sodinger Straße, Am Hillerweg, Gerther Dahl und der Castroper Heide das neue Wohngebiet „Wohnen am Hillerberg“ errichten.
Es soll 435 neue Wohneinheiten beherbergen, viel Grün soll es geben. Der Prozess läuft nun schon seit einigen Jahren, bald könnten die Bebauungspläne dann auch in einer ganz offiziellen Phase ausgelegt werden. Das öffentliche Interesse ist hoch, vorherige Veranstaltungen waren selbst während der Pandemie gut besucht.
Bürgerbeteiligung an dem Bauprojekt in Bochum-Gerthe ist hoch
Das Projekt ist gleich in zwei Hinsichten besonders: Einerseits sticht es durch seine Größe heraus, andererseits hat die Stadt die Bürgerinnen und Bürger weit über die gesetzlichen Vorgaben am Prozess beteiligt. „Das ist ein großes, wichtiges Projekt, das nicht mit anderen Projekten der Stadt zu vergleichen ist“, erklärt Kerstin Sindram.
Sie arbeitet beim Amt für Stadtplanung und Wohnen der Stadt Bochum und stellt an diesem Abend das Planungsverfahren vor. Gleich zweimal muss sie noch vor der eigentlichen Diskussionsrunde erklären, an welchen Stellen des Prozesses mögliche Bedenken der Stadt mitgeteilt werden können. Denn, so mahnt der Moderator Thomas Scholle: „Die Pläne sehen unglaublich fertig aus, sind aber nur ein Entwurf, eine Diskussionsbasis.“
Das scheinen nicht alle im Saal zu glauben, immer wieder werden Rednerinnen und Redner unterbrochen, es wird viel diskutiert.
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Fest steht: Noch bis zum 11. April können Bürgerinnen und Bürger zu den Plänen Stellung nehmen und auch danach wird es noch die Möglichkeit geben, sich am Prozess zu beteiligen. Noch immer befindet sich das Projekt in der Phase der frühzeitigen Beteiligung der Öffentlichkeit, der offizielle Teil des Beteiligungsverfahrens hat noch gar nicht begonnen.
Bei der Bürgerversammlung in der Bochumer Schule gibt es viel Kritik, aber auch Lob
Luise Schauer (22) ist Teil des Teams eines beteiligten Stadtplanungsbüros, das die Anwesenden an den im
Mehr Kompromissbereitschaft gewünscht
Wolfgang Czapracki-Mohnhaupt (69) ist Teil des Netzwerks für Bürgernahe Stadtentwicklung und seit über vier Jahren am Prozess beteiligt. Er weiß um das Dilemma: Neuer Wohnraum wird dringend benötigt, aber der Preis ist hoch, für Klima und Anwohnende. Von der Stadt wünscht er sich mehr Kompromissbereitschaft. Zum Ende der Veranstaltung wird klar, dass es noch keinen Konsens gibt.
Manche Anwesenden sehen das Vertrauen in die Stadt erschüttert. „Unser Netzwerk fordert deswegen weitere Diskussionsveranstaltungen“ sagt er. Kerstin Sindram resümiert: „Man kann es nicht allen recht machen, trotzdem wollen wir einen guten Plan entwickeln.“
Saal bereitgestellten Informationstafeln begrüßt. Sie identifiziert mehrere Hauptsorgen der Bürgerinnen und Bürger. Dazu gehören neben Verkehr und Ruhestörung vor allem die Themen der Geschossigkeit und des Platzes: „Viele machen sich Sorgen, dass die Häuser zu hoch oder die Abstände zwischen den Gebäuden zu eng werden.“ Es sind vier-, teilweise fünfstöckige Wohnhäuser geplant.
Später wird jemand genau aus diesem Grund das Wohngebiet als „Ghetto“ bezeichnen. Sindram findet die Zweifel an der Geschossigkeit zwar berechtigt, sagt aber: „Es ist ein Fehlschluss zu glauben, dass keine Qualität mit Höhe und Dichte erreicht werden kann.“
Ein anderes Thema, das für Aufregung sorgt: Das Gerther Krankenhaus. Eine Gruppe der Anwohnenden hat Antrag auf Denkmalschutz gestellt, Teile des Gebäudes sind aber auf den Plänen verschwunden. Vonseiten der Stadt werden Pläne zur Bebauung des Geländes bestritten, aus dem Publikum wird um „Ehrlichkeit“ gebeten. Tatsache ist: Das Krankenhaus ist zurzeit in Privatbesitz.