Bochum/Magdeburg. Wegen Randale vor einem VfL-Bochum-Spiel wurde ein 39-Jähriger verurteilt. Er hatte bei einer umstrittenen Polizeiaktion eine Beamtin verletzt.

Die Justiz hat einen langen Arm und einen langen Atem. Fast vier Jahre nach einer Fan-Randale vor einem Spiel des VfL Bochum gegen den 1. FC Magdeburg wurde am Donnerstag ein 39-jähriger Fan der Gästemannschaft vom Bochumer Amtsgericht verurteilt: sieben Monate Haft auf Bewährung wegen gefährlicher Körperverletzung.

Er hatte am Bochumer Hauptbahnhof eine zumindest zur Hälfte gefüllte Biermix-Dose in Richtung eines Polizeiwagens geworfen und eine Beamtin (28) am Kopf getroffen; sie erlitt eine Gehirnerschütterung und war drei Tage dienstunfähig. An sie muss der Täter 500 Euro Schmerzensgeld zahlen.

„Wir tranken diverse Biere und auch den einen oder anderen Likör“

Der Hauptbahnhof glich am 4. Mai 2019 (Samstag) einer Polizeifestung. 680 Anhänger aus Magdeburg hatten die Anreise mit einem selbst organisierten Zug nach Bochum angetreten. Ziel der Fahrt war, so der Angeklagte, „Gemeinschaft und Zusammenhalt zu pflegen“. „Wir tranken diverse Biere und auch den einen oder anderen Likör.“ Die Vorfreude aufs Spiel war groß. Unterwegs im Raum Witten wurde dann aber Pyrotechnik aus dem fahrenden Zug gezündet.

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Um ein weiteres Zünden zu verhindern, empfing die Bundespolizei die Fans auf Gleis 4 um 10.50 Uhr mit einem Großaufgebot in voller Sicherheitsmontur. Sie sollten auf weitere Feuerwerkskörper abgetastet werden, viele sträubten sich aber dagegen, so dass die Kontrollen sehr lange dauerten. Es kam zu Handgreiflichkeiten. Für den Großteil der Magdeburger Fans ging es drei Stunden nicht weiter. Sie kamen erst in der zweiten Halbzeit ins Stadion. Darunter auch der Angeklagte.

Er sprach von einem „engen Kessel, aus dem niemand rauskam“. „Ich war zunehmend frustriert. Es war chaotisch.“

Angeklagter ist vor dem Amtsgericht Bochum geständig

Der Polizeikessel war, wie später ein Verwaltungsgericht urteilte, rechtswidrig. Das ändert aber nichts daran, dass die Attacke mit der Bierdose strafbar war. „Die Dose haben Sie in Richtung Polizeiwagen geworfen?“, fragte Richter René Bungardt den Angeklagten, einen vorbestraften Handwerker und Familienvater. „Ja“, antwortete er. „Den ganzen Tag hätte ich lieber nicht erlebt.“ Zumal sein Team auch noch 4:2 verloren hatte.

Bei der Polizeibeamtin bat er um Entschuldigung. Diese nahm an.

Ermittelt wurde er erst im Januar 2020. Die Polizei hatte bundesweit eine Fahndung mit einem Foto aus einer Überwachungskamera veröffentlicht. „Ich war in fast allen Medien zu sehen.“ Dadurch hätten sich Bekannte von ihm abgewendet und fast hätte er seinen Job verloren. Wenige Tage nach Veröffentlichung des Fotos von dem Polizeieinsatz wurde der Mann aus der Nähe von Magdeburg dank eines Hinweises identifiziert.