Bochum. Die Bochumer „Aufsuchende medizinische Hilfe“ feiert ihr Jubiläum zum 25-jährigen Bestehen. Was der Verein macht und die Ehrenamtlichen antreibt.

Der Verein „Aufsuchende medizinische Hilfe für Wohnungslose Bochum“ feiert im Februar dieses Jahres sein 25-jähriges Jubiläum. Seit einem Viertel Jahrhundert bietet der Verein kostenlose ärztliche Beratung sowie Behandlungen für Wohnungslose an. Dabei spiele der Versicherungsstand des Patienten keine Rolle.

Im Fliednerhaus „Am Stadion 7“, in dem sich auch eine Schlafstelle und die Suppenküche befinden und das von der Diakonie betreut wird, hat die medizinische Hilfe ein Sprechzimmer eingerichtet. „Hier haben wir die Möglichkeit fast wie in einer normalen Allgemeinmedizinischen Praxis Versorgungen anzubieten“, sagt Rainer Bölling, der erste Vorsitzende des Vereins.

Bochums medizinische Hilfe war mal Arbeitsbeschaffungsmaßnahme

Ursprünglich wurde die aufsuchende medizinische Hilfe im Jahr 1996 als eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für arbeitslose Ärzte gegründet. Nach zwei Jahren lief der Modellversuch aus, da die Ärztekammer ihn nicht fortsetzen wollte.

Medizinische Hilfe wird nur durch Spenden finanziert

Die aufsuchende medizinische Hilfe ist neben den Mitgliedsbeiträgen von 35 Euro pro Jahr auf Spenden angewiesen. „Es gibt glücklicherweise auch viele treue Spender“, sagt Jutta Niederkinkhaus, Geschäftsführerin des Vereins.

Über weitere finanzielle Unterstützung freuen sich die Ehrenamtlichen und die Geschäftsführerin immer. Neue Unterstützerinnen und Unterstützer können unter der Iban DE69 4305 0001 0020 4090 09 an den Verein spenden.

Gemeinsam haben Bürger und Ärzte beschlossen einen Verein zu gründen, um das Projekt weiterzuführen. Mittlerweile sind ausschließlich ehrenamtliche Ärzte und Krankenpfleger in der medizinischen Hilfe tätig.

Nicht nur Wohnungslose nehmen Angebot in Bochum war

Es seien aber nicht nur Wohnungslose, die die medizinische Hilfe aufsuchen, erzählt Jutta Niederkinkhaus, Geschäftsführerin des Vereins. Auch Bedürftige, die die Zuzahlung für ein Rezept nicht selbst zahlen können, kommen immer häufiger in die Sprechstunde. Sie fühlen sich bei der medizinischen Hilfe besser aufgehoben. „In unserem Gesundheitssystem werden solche Menschen häufig diskriminiert“, sagt Hans-Gerd Schmitz, der zweite Vorsitzende des Vereins.

In der medizinischen Hilfe soll das „Arzt-Patient-Gefälle“, wie es Bölling nennt, aufgehoben werden. Der Umgang sei immer auf Augenhöhe und respektvoll.

Behandlungen direkt am Bochumer Hauptbahnhof

Neben der Sprechstunde im Fliednerhaus ab zwölf Uhr bieten die Ehrenamtlichen Behandlungen in der Obdachlosenunterkunft an der Herzogstraße (montags), am Mittagstisch in Wattenscheid (mittwochs) sowie speziell für Jugendliche und junge Erwachsene beim „Sprungbrett“ an der Ferdinandstraße (donnerstags) an.

Im Bochumer Fliednerhaus werden immer montags, dienstags und freitags ab 12 Uhr Sprechstunden angeboten. Jutta Niederkinkhaus ist Geschäftsführerin des Vereins, Dr. Hans-Gerd Schmitz und Rainer Bölling (v.l.) sind als Ehrenamtliche tätig.
Im Bochumer Fliednerhaus werden immer montags, dienstags und freitags ab 12 Uhr Sprechstunden angeboten. Jutta Niederkinkhaus ist Geschäftsführerin des Vereins, Dr. Hans-Gerd Schmitz und Rainer Bölling (v.l.) sind als Ehrenamtliche tätig. © FUNKE Foto Services | Jörg Schimmel

Auch rund um den Bochumer Hauptbahnhof ist ein Ehrenamtler aktiv. Schmitz begleitet montags Streetworkerinnen der Diakonie. Vor Ort behandelt er die Wohnungslosen, die es nicht zum Sprechzimmer schaffen. „Die Leute kennen mich dort schon“, erzählt der ehemalige Chefarzt für Orthopädie im Krankenhaus.

Er untersucht die Leute, legt ihnen Wundverbände an und verschreibt Medikamente oder gibt diese heraus. Die Rezepte sowie die ausgegebenen Medikamente werden zu Lasten des Vereins ausgegeben. Auch wenn Patienten ambulant im Krankenhaus behandelt werden müssen, übernimmt der Verein die Kosten.

Ehrenamt ist auch eine gesellschaftspolitische Frage

Aber wie kommt es überhaupt dazu einem solchen Ehrenamt nachzugehen? „Ich glaube jeder von uns hat das Bedürfnis zu helfen“, sagt Bölling. Er wolle sein Wissen und seine Fähigkeiten aus den Berufsjahren einbringen. Die Ehrenamtliche teilen sich die Behandlungsfelder dabei auf: „Jeder macht das, was er so kann.“

Für Schmitz handelt es sich auch um eine gesellschaftspolitische Frage, da ein Sozialstaat die Fälle eigentlich auffangen sollte. Der ehemalige Chefarzt sagt: „Eigentlich dürfte es uns gar nicht geben.“