Bochum. . Der Verein „Aufsuchende Medizinische Hilfe für Wohnungslose“ versorgt in Bochum Bedürftige. Weniger als die Hälfte ist krankenversichert.

Wenn Arzt Werner Mölders und Krankenschwester Karin Neumann-Löhr die Sprechstunde an der Stühmeyerstraße beginnen, leuchtet in der Suppenküche eine Lampe. Kurz darauf betritt ein Mann das Behandlungszimmer. Er sieht müde und krank aus. Mölders und Neumann-Löhr versorgen seine Wunde am Bein. Sie reden freundlich mit ihm.

„Das Schlimmste, was ich hier gesehen habe, war ein offenes Bein, bei dem der Erstverband vier Wochen belastet wurde“, schildert der pensionierte Arbeitsmediziner. Seit drei Jahren bringt der 68-Jährige Waltroper neben vier weiteren Ärzten sein Wissen ehrenamtlich für den Verein „Aufsuchende Medizinische Hilfe für Wohnungslose Bochum“ ein.

20 bewegte Jahre im Verein

Jetzt feiert der Verein seinen 20. Geburtstag und die Mitarbeiter blicken auf bewegte Jahre zurück. 1996 nahm die Geschichte ihren Anfang durch ein Modellprojekt der Ärztekammer Westfalen-Lippe. „Es war zuerst eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für arbeitslose Ärzte und sollte gleichzeitig medizinische Hilfe für Wohnungslose sein.

In den Anfängen fuhren die Ärzte mit einem Bulli zu den hilfsbedürftigen Menschen“, sagt Paul Weyand, Frauenarzt und Vereinsvorsitzender. Im Dezember 1997 gründete er mit einer Reihe Bochumer Ärzten und Bürgern den Verein, der im Februar 1998 seine Arbeit aufnahm.

„Wir wollten uns in der räumlichen Nähe der Suppenküche niederlassen.“ Das erste Sprechzimmer war dann der Vorratsraum der Suppenküche an der Arndtstraße. Schreibtisch und Liege standen zwischen Konserven. 2013 zog das Sprechzimmer gemeinsam mit der Suppenküche an die Stühmeyerstraße. Weitere Sprechstunden des Vereins gibt es am Wattenscheider Mittagstisch und an der Jugendhilfeeinrichtung Sprungbrett an der Ferdinandstraße.

1000 Patienten bekamen im Jahr 2017 Hilfe

Insgesamt suchten 2017 rund 1000 Patienten medizinische Hilfe an den drei Standorten. Die Anzahl der Behandlungen seien an der Suppenküche von 2016 bis 2017 um 27 Prozent gestiegen. Das Angebot habe sich sehr gut etabliert, sagt Geschäftsführerin Jutta Niederkinkhaus. In unmittelbarer Nähe befinden sich die Beratungsstelle für wohnungslose Männer der Diakonie und der Verein Bodo.

Doch noch in diesem Jahr soll die Suppenküche und mit ihr das Sprechzimmer wieder umziehen in ein neues Gebäude am Ruhrstadion, wo auch die Schlafstelle für Obdachlose eingerichtet werden soll. Das Haus an der Stühmeyerstraße sei von der Stadt an die Montag Stiftung verkauft worden, informiert Weyand. „Wir machen uns große Sorgen, dass das nicht funktioniert“, so der Vorsitzende weiter.

Nur 20 Prozent der Patienten sind Frauen

Der Lebensmittelpunkt der Klientel befinde sich oft in der Innenstadt. Der weite Weg vom Zentrum zum Stadion sei ein Problem. „Ich kenne welche, die schaffen den Weg gar nicht, so schlapp sind sie auf der Brust“, sagt die Krankenschwester.

Die Menschen hätten oft Atemwegserkrankungen, Verletzungen, Erkrankungen des Bewegungsapparats, Hauterkrankungen und psychische Probleme. Nur 20 Prozent der Patienten seien Frauen, weniger als die Hälfte sei krankenversichert, informiert Mölders. Der Verein vergibt Gutscheine für die Zuzahlung bei Medikamenten.

Nicht nur für die Patienten ist die Arbeit des Vereins von Nutzen. Auch Werner Mölders selbst profitiert von seinem Ehrenamt: „Es ist ein gutes Gefühl, Menschen zu helfen, die an diesem Tag keine Hilfe bekommen oder gesucht hätten.“