Bochum. Welle der Hilfsbereitschaft erreicht auch die Alevitische Gemeinde Bochum. Awo organisiert eigene Spendenaktion für Transport in die Türkei.

Eine Welle der Hilfsbereitschaft hat die Alevitische Gemeinde in Bochum erreicht. Vielleicht liegt es daran, dass die Siedlungsgebiete der Aleviten zum Teil in der jetzt von dem verheerenden Erdbeben betroffenen Region liegen. „Bis zu späten Montagabend wurden Spenden bei uns abgegeben“, sagt der Vorsitzende der Gemeinde, Zeymel Rencber. „Schon nächste Woche wollen wir einen großen Lastwagen auf die Reise in das Katastrophengebiet schicken“, ergänzt sein Vorstandskollege Kemal Güler.

Mitglieder der Alevitischen Gemeinde Bochum arbeiten Hand in Hand, um Spenden für den Transport vorzubereiten. Mit dabei sind die jungen Frauen Elisa Kasim und Bahar Elibol.
Mitglieder der Alevitischen Gemeinde Bochum arbeiten Hand in Hand, um Spenden für den Transport vorzubereiten. Mit dabei sind die jungen Frauen Elisa Kasim und Bahar Elibol. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Drinnen im großen Saal haben junge Leute aus der Gemeinde bis tief in die Nacht hinein Kleidung sortiert, viele sind am nächsten Morgen wiedergekommen, um Kisten zu packen und zu beschriften. An einem Tisch arbeiten Bahar Elibol und Elisa Kasim gemeinsam. Die jungen Frauen wollen einfach helfen. „Ich glaube fest daran, dass man zurückbekommt, was man jetzt an Hilfe leistet“, sagt Bahar Elibol.

Auch interessant

Draußen wartet schon ein kleiner Transporter. Die Aleviten im Ruhrgebiet sind gut vernetzt, viele Gemeindemitglieder kennen Leute aus dem Erdbebengebiet. Allein in Bochum leben bis zu 6000 Aleviten. Der Transporter steht bereit, um Spenden zu einem Sammelort zu transportieren.

Die Menschen vor Ort sind verzweifelt

Immer wieder fällt der Name der türkischen Provinz Kahramanmaraş und dem Landkreis Elbistan. Gerade hat Kemal Güler mit jemandem von dort telefoniert. „Die Menschen da sind verzweifelt, oft ist bisher gar keine Hilfe angekommen, viele kleinen Orte in der dortigen Gebirgsgegend sind komplett von der Außenwelt abgeschnitten“, wurde ihm von dort berichtet. Die Gemeinde bittet die Nachbarschaft im Griesenbruch um Verständnis, dass die kleine Straße immer wieder von Autos blockiert wird. Helfende tragen Säcke mit Spenden in den kleinen Innenhof. Die Hilfe greift ineinander.

Die 19-jährige Marta Taş hat Angehörige im Erdbebengebiet verloren. Der Kontakt in die Region ist abgebrochen.
Die 19-jährige Marta Taş hat Angehörige im Erdbebengebiet verloren. Der Kontakt in die Region ist abgebrochen. © M.T

Es geht darum, die Hilfe gezielt zu organisieren

Für Serdar Yüksel, SPD-Landtagsabgeordneter und Vorsitzender der Awo-Ruhr, ist es jetzt besonders wichtig, dass die Hilfe gezielt organisiert wird. „Für mich ist es das zweite große Erdbeben, bei dem ich mich verpflichtet fühle, mich zu engagieren.“ Schon als junger Krankenpfleger flog er 1999 nach Istanbul, um dort vor Ort zu helfen. „Schon in der nächsten Woche wollen wir einen 45-Tonner auf die Reise schicken. Die Menschen brauchen mehr noch als Kleidung Batterien, Gaskartuschen für Kocher, Babynahrung und Hygieneartikel.“ Dafür hat die Awo auch ein Spendenkonto eingerichtet.

Der Bochumer Bundestagsabgeordnete der Grünen, Max Lucks, ist Vorsitzender der deutsch-türkischen Parlamentariergruppe des Bundestags: „Die Nachrichten aus der Türkei und Syrien erschüttern uns bis ins Mark. Für viele Menschen aus unseren Wahlkreisen fühlt sich das Erdbeben nicht wie Tausende Kilometer entfernt an, sondern ganz nah.“

So wie etwa für die 19-jährige türkischstämmige Marta Taş, die erfahren hat, dass nahe Angehörige ihres Onkels offenbar ums Leben gekommen sind. „Die Verbindung ist abgebrochen. Die Frau meines Onkels steht unter Schock. Sie kann überhaupt nicht sprechen.“ Die Familie lebe in der Region Antakia. Marta macht derzeit ein freiwilliges Soziales Jahr. Die Bochumerin arbeitet in einer Herner Grundschule. „Dort gibt es einen großen Anteil von Familien mit Migrationshintergrund. Manche Kinder weinen, verstehen gar nicht, was passiert ist“, berichtet sie.