Bochum. 133 Jahre erfreute der Verein Preziosa in Bochum-Stiepel das Publikum. Nun gibt er auf. Auch weitere Vereine in Bochum sind gefährdet.

Bereits während der Corona-Pandemie spitzte sich die Krise um den Theaterverein Preziosa 1889 Stiepel derart zu, dass sich das Ende andeutete. "Nach dem Karneval 2020 war Ebbe. Da sind uns zwei, drei Spieler von der Fahne gegangen. Das konnten wir nicht steuern", sagt Spielleiter Paul Schütz (74), der gemeinsam mit Ehefrau Beate das Theaterspiel des Vereins zwölf Jahre aktiv gestaltete.

Über 20 Komödien brachten sie im Laufe dieser Jahre auf die Bühne: zum 125. Vereinsjubiläum zum Beispiel das Stück "Der Neurosenkavalier" im Gemeindezentrum St. Johannes in Wiemelhausen und im Haus Spitz in Stiepel. Über die ganzen Jahre dankte das Publikum den Bochumer Laienspielern mit viel Applaus für die unterhaltsamen Theaterabende.
Doch jetzt ist es endgültig vorbei: In einer außerordentlichen Mitgliederversammlung im vergangenen Jahr fiel der Beschluss, den seit 133 Jahren bestehenden Verein aufzulösen.

Das Amt des Vorsitzenden im Bochumer Verein Preziosa konnte nicht neu besetzt werden

Für einen echten Neustart fehlten sowohl Darsteller als auch der aktive Vereinsnachwuchs. Der Altersdurchschnitt der zuletzt etwa 45 Vereinsmitglieder betrug über 60 oder sogar 70 Jahre. "Ich war enttäuscht, dass Mitglieder, die 40 oder 50 Jahre im Verein sind, den Verein nicht unterstützt haben und sich nicht aktiv einbringen wollten. Da habe ich mich jetzt gedanklich angeschlossen", so Schütz weiter. Es fand sich kein Nachfolger für den Vorsitzenden Werner Langengfeld (71), der nach fünf Jahren sein Amt niederlegen wollte. "Ich habe schon vor fünf Jahren gesagt: Wenn wir es nicht schaffen, den Verein zu verjüngen, werden wir ein Problem bekommen. In der Pandemie sind dann Leute weggeblieben. Was lange funktioniert hat, hat jetzt einen Knacks bekommen."


Schon seit Jahrzehnten gab es im Verein zwei Interessenlagen. Während die einen Theater spielten und mit den Vorstellungen die Vereinskasse füllten, organisierten andere die jährliche Prunksitzung im Haus Spitz. Doch am Ende läuft ohne das Theater nichts. Jetzt gehe es noch darum, den Theaterfundus in der Gräfin-Imma-Schule nach und nach aufzulösen. Einige zeitgeschichtliche Unterlagen des Vereins seien bereits an das Stadtarchiv übergeben worden, informiert Paul Schütz. "Es fehlt schon, die Proben, die Auftritte. Es hat uns immer Freude gemacht", sagt Beate Schütz.

Weitere Bochumer Vereine bestätigen Nachwuchssorgen

Nicht nur der Theaterverein Preziosa sah im vergangenen Jahr seinem Ende entgegen. So nahm erst im Dezember 2022 die Sängervereinigung 1881 Bochum-Gerthe mit einem weihnachtlichen Konzert Abschied. In dem traditionsreichen Männerchor, der seit 144 Jahren bestand, brachte ebenfalls der fehlende Nachwuchs das Aus.


Etwas besser sieht es aktuell im Männergesangsverein Einigkeit Bochum-Marmelshagen 1880 aus. Aber auch dort fehlt der Nachwuchs. "Noch geht es, wir sind rund 30 Sänger mit einem Altersschnitt von 70, aber es kommen kaum neue dazu", so der Vorsitzende Eberhard Ossowski (85). Ebenso der Theaterverein Volksbühne Bochum bestätigt: "Perspektivisch kann fehlender Nachwuchs ein Problem für uns werden. Unser Altersschnitt liegt bei 50 bis 60. Es ist schwierig, junge Leute für das Vereinsleben zu gewinnen", so Geschäftsführerin Carmen Lumma (60).

Historie des Vereins Preziosa begann in Gasstätte in Bochum-Stiepel

Der Verein Preziosa wurde 1889 durch den so genannten "Dilettanten- Verein" durch sieben junge Männer in einer Gaststätte an der Vosskuhlstraße in Stiepel gegründet.

In den 1970er Jahren wurde beschlossen jährlich eine große Prunksitzung zu veranstalten, die bis heute am Karnevalssamstag im Saalbau Spitz in Bochum-Stiepel stattfindet.