Bochum. Die WDR-Dokuserie Feuer und Flamme zeigt detailreich eine Vermissten-Suche in den Kellern der Jahrhunderthalle. Ein Experte warnt vor Nachahmern.
Ärger um die WDR-Dokuserie „Feuer und Flamme“: Bunker-Experte Wilfried Maehler kritisiert die Darstellung einer Vermissten-Suche in den Katakomben der Jahrhunderthalle. In der Folge sucht die Feuerwehr dort nach zwei vermeintlich vermissten Kindern. Sowohl der eigentlich vergitterte Eingang in die gefährlichen Keller als auch die Unterwelt selber werden detailreich gezeigt. „Das halte ich für fahrlässig“, sagt Wilfried Maehler. „Den Eingang hätte man nie so filmen dürfen. Es ist doch naheliegend, dass dadurch Nachahmer angelockt werden. Jetzt wissen die, wo man reinkommt.“
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Wilfried Maehler ist Vorstandsmitglied beim „Bochumer Studienkreis für Bunker, Stollen, Deckungsgräben und unterirdische Fabrikationsanlagen“ und bei dem Einsatz selber als Experte zur Unterstützung der Feuerwehr vor Ort gewesen. Auch er ist in Teilen der Serien-Folge zu sehen. „Ich bin da überrumpelt worden.“
Der 66-Jährige zeigt sich „stark verwundert“ darüber, wie die Szenerie in der WDR-Doku dargestellt werde. „Die Anlagen unter dem Westpark und unter der Jahrhunderthalle so zu zeigen, das animiert doch andere Menschen, da auch reinzugehen.“
Unterwelt der Jahrhunderthalle: Wenig Sauerstoff, Gase, einstürzende Decken
Dabei seien die Gefahren so groß wie vielfältig: Instabile Decken und Dächer, ein zu hoher CO2-Gehalt bis hin zu Ausdünstungen von Chemikalien. Ein Ausflug in die Unterwelt könne demnach schnell lebensgefährlich werden, wie diverse Unfälle mit Menschen aus der so genannten „Lost-Place-Szene“ zeigen.
So starb zuletzt im Juli 2020 eine 22-Jährige nach einer Erkundungstour unterhalb des Westparks. Auch bei diesem Einsatz war Wilfried Maehler beteiligt, er wurde später mit der Rettungsmedaille des Landes NRW ausgezeichnet. Im Februar zuvor war eine Frau über die sogenannte Schlackenbahn im unterirdischen System gelandet und musste dort 18 Stunden ausharren, ehe sie gerettet wurde.
Der WDR blendet in der „Feuer-und-Flamme“-Folge ein, dass das Gelände Eigentum der Stadt Bochum ist und dass der unerlaubte Zutritt gefährlich und verboten sei. Später heißt es, dass von der Polizei Anzeige wegen Hausfriedensbruchs gestellt wurde und dass bei voller Strafmündigkeit Geld- und Freiheitsstrafen drohen können. Bei der Polizei ist diese Anzeige allerdings nicht bekannt. Bunker-Experte Wilfried Maehler reicht das indes als Warnung nicht: „Man hätte diesen Einsatz gar nicht im Detail zeigen dürfen.“
WDR und Feuerwehr Bochum weisen Kritik zurück
Beim WDR und bei der Feuerwehr Bochum sieht man die Kritik gelassen. „Auch der Einsatz in den Bochumer Katakomben, der sehr aufwendig und zeitintensiv war, wird authentisch so dargestellt, wie er stattgefunden hat: Die Feuerwehr hat jeden Winkel abgesucht, um sicherzugehen, dass alle Kinder gerettet waren“, so heißt es von WDR-Sprecherin Lena Schmitz.
Nach dem Einsatz hätten sich Produktionsfirma, die Feuerwehr und die WDR-Redaktion gemeinsam „ausführlich über den Aspekt einer möglichen Nachahmung ausgetauscht“, so heißt es. „Die Episode wurde fertiggestellt und gesendet, da sie als abschreckendes Beispiel dient und auf die großen Gefahren hinweist – für potenzielle Nachahmer:innen, aber auch für die am Einsatz beteiligten Feuerwehrleute“, so Lena Schmitz. Eine redaktionelle Abnahme der einzelnen Folge gebe es durch die Feuerwehr nicht. Lediglich eine Prüfung auf sachliche Richtigkeit sei vorgesehen.
Die Stadt Bochum verweist auf Nachfrage auf die Antwort des WDR.
Seit Anfang Januar ist die mittlerweile vierte Staffel der Doku-Serie „Feuer und Flamme“ mit der Feuerwehr Bochum im WDR und seiner Mediathek zu sehen. 50 Tage am Stück, 24 Stunden am Tag von Anfang Mai bis Ende Juni 2022 begleiteten Kamerateams die Feuerwehrleute in ihrem Berufsalltag.