Bochum. Seit neun Jahren lebt Safiya (38) aus Bochum vegan. Was ihre Beweggründe dafür sind und wie sich das Angebot in der Stadt seitdem verändert hat.

Vor neun Jahren hat sich Safiya (38) aus Bochum dafür entschieden, vegan zu leben. Sie verzichtet seitdem auf tierische Produkte – nicht nur auf Fleisch, sondern auch auf Milch und Eier. Damals, 2014, ist sie damit noch eine Ausnahme. Mittlerweile leben immer mehr Menschen vegan, auch das Angebot in Supermärkten und Restaurants habe sich sehr verändert.

„Das war am Anfang noch ganz anders“, erinnert sich Safiya. Sie kommt aus Recklinghausen und lebt seit etwa vier Jahren in Bochum. Schon mit zwölf Jahren entscheidet sie sich, kein Fleisch mehr zu essen, verzichtet fünf Jahre später auch komplett auf Eier. „Aus ethischen Gründen“, erklärt sie. Bereits als Kind habe es sich für sie falsch angefühlt, Fleisch zu essen.

Vegane Ernährung war vor zehn Jahren noch eine Herausforderung

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Als sie 2014 anfängt, ganz auf tierische Produkte zu verzichten, nimmt sie erst einmal ganz schön viel an Gewicht ab. „Bei vielen Produkten im Supermarkt wusste man einfach nicht, was vegan ist.“ Also kocht sie sehr viel selbst, deutlich gesünder, zum Beispiel mit viel Gemüse. Etwa drei Jahre später wächst das vegane Angebot, Lebensmittel ohne tierischen Ursprung werden durch Label klar gekennzeichnet. „Das macht vieles einfacher, auch für Menschen, die jetzt vegan werden“, sagt Safiya.

Das Angebot in der Gastro habe sich ebenfalls sehr verändert. „Es gibt mittlerweile so viele Cafés mit veganer Küche“, findet die 38-Jährige. Das bestätigt auch Sebastian (27), der aus Dortmund kommt und seit fünf Jahren in Bochum lebt. „Ich ernähre mich seit über sechs Jahren vegan.“ Schon länger habe es in Bochum ein gutes Angebot für Menschen gegeben, die keine tierischen Produkte zu sich nehmen. „In den letzten fünf Jahren ist das Angebot in Bochum aber wirklich extrem umfangreicher geworden.“

Viele Bochumer Restaurants haben mittlerweile ein veganes Angebot

Sandra Schwenke ist Ernährungsberaterin beim Katholischen Klinikum in Bochum.
Sandra Schwenke ist Ernährungsberaterin beim Katholischen Klinikum in Bochum. © Katholisches Klinikum Bochum

Die beiden nennen Restaurants, auf deren Karten hauptsächlich vegane Gerichte stehen: das Veggie-Haus, den Kimbap Spot, den Katzentempel oder Nährstoff-Reich. „Abgesehen davon haben auch viele andere Restaurants nun vegane Gerichte auf der Karte. Und sollte es mal keines auf der Karte geben, ist das Wort ,vegan’ kein Exot mehr“, so Sebastian. Mittlerweile sei es fast überall problemlos möglich, eine vegane Abwandlung zu bekommen. In Café gebe es fast immer vegane Milch-Alternativen.

„Ich habe vor über sechs Jahren aus gesundheitlichen Gründen begonnen, meinen Fleischkonsum enorm zu reduzieren und mich dann schon vegetarisch ernährt“, berichtet der 27-Jährige. Mit der Zeit habe er sich mit den ethischen Aspekten auseinandergesetzt – Massentierhaltung und ökologische Folgen. „Sodass ich mich dann dazu entschieden habe, auf tierische Produkte zu verzichten. Dies war aber ein Prozess und ging nicht von heute auf morgen“, nennt er seine Beweggründe.

1,6 Millionen Menschen in Deutschland – das sind etwa zwei Prozent – ernähren sich derzeit vegan. Das hat die Allensbacher Markt- und Werbeträger-Analyse aus dem Jahr 2022 ergeben. Rund 8 Millionen Menschen leben vegetarisch.

Worauf Veganerinnen und Veganer achten sollten

Eine vegane Ernährung kann Vor- aber auch Nachteile haben, verdeutlicht Ernährungsberaterin Sandra Schwenke vom Katholischen Klinikum Bochum. Dafür spricht, dass sich Veganerinnen und Veganer häufig gesünder und abwechslungsreicher ernähren – sie greifen vermehrt zu Obst, Gemüse und Hülsenfrüchten. Das sorge für eine hohe Zufuhr an Vitaminen, Ballast- und Mineralstoffen. „Dadurch senkt sich zum Beispiel das Risiko für Herzkreislauferkrankungen, Diabetes oder Darmkrebs“, so Schwenke.

Ein Nachteil sei allerdings, dass man bestimmte Nährstoffe ersetzen muss, vor allem Vitamin B 12. „Das ist nur in tierischen Lebensmitteln enthalten“, sagt die Ernährungsberaterin. Würden Veganerinnen und Veganer Vitamin B 12 nicht supplementieren, könne das gesundheitliche Risiken haben: neurologische Beeinträchtigungen, Gedächtnisschwäche, Ermüdungserscheinungen, depressive Phasen aber auch Anämien. Denn, so Schwenke: „Vitamin B 12 ist am Aufbau des Blutes beteiligt.“

Auch bei Calcium, Eisen und Jod solle man auf eine ausreichende Zufuhr achten. Die Ernährungsexpertin empfiehlt Menschen, die bei ihrer Ernährung auf tierische Produkte verzichten, regelmäßig ihre Blutwerte checken zu lassen – auch wenn die Krankenkasse das meist nicht bezahlt.

Bedenkliche Lebensphasen in Sachen veganer Ernährung seien Schwangerschaft und Stillzeit, aber auch bei Kindern rät die Deutsche Gesellschaft für Ernährung generell davon ab.

Immer mehr Ersatzprodukte in Supermärkten: Ernährungsberaterin sieht das kritisch

Kritisch sieht Schwenke Ersatzprodukte, die es in den Supermarkt-Regalen immer mehr gibt. „Die Produkte liefern keinen Ersatz für das eigentliche Produkt“, sagt sie. „Die Produkte sind oft hoch verarbeitet und so genauso schlecht wie tierische, hoch verarbeitete Lebensmittel.“

Safiya aus Bochum lebt nun bereits seit neun Jahren vegan, auf Ersatzprodukte greift sie nur selten zurück. Jedes halbe Jahr lässt sie beim Arzt ihre Blutwerte checken, sie seien besser als noch zu der Zeit, in der sie sich nicht vegan ernährt hat.

Die 38-Jährige empfiehlt andere, die ebenfalls auf tierische Lebensmittel verzichten wollen, sich nicht zu sehr unter Druck zu setzen. „Das ist ein krasser Umschwung und muss nicht von heute auf morgen klappen.“