Bochum. Birgit Schellhase aus Bochum werkelt in ihrer Teddyklinik an Sammlerstücken und Kuscheltieren – und sorgt bei manchem Drama für ein Happy End.

Die Teddys hatten Jahrzehnte auf dem Buckel. Ihre Pfoten überdeckten nur noch lose Fäden. "Sie waren bei mir im Schrank und ich wollte sie eigentlich entsorgen. Mein Sohn sagte: ,Das kannst du doch nicht machen'", schildert Ursula Seeger. Jetzt macht sich die 81-Jährige einen Spaß und schickt die zwei Bären mit neuen Pfoten als Weihnachtsüberraschung nach Wien und Berlin zu Sohn und Tochter, die beide über 50 Lenze zählen und einst damit spielten.
Birgit Schellhase hat den Teddys in ihrer Bochumer Puppen- und Teddyklinik mit wertvollem Wollfilz zu neuen Pfoten verholfen. Sie sind perfekt vernäht, sodass kein Garn zu sehen ist.

Puppendoktorin fing mit genähten Stoffpuppen an. Heute restauriert sie auch Sammlerstücke

Als ihre Töchter klein waren und das ist jetzt um die 45 Jahre her, kam sie auf die Idee, Stoffpuppen für die Mädchen zu nähen. Nach und nach stieg das Interesse an ihrem Hobby, sodass sie bald Kurse gab. Später nähte sie Teddys und fertigte Porzellanpuppen. "Um die Formen für die Porzellanpuppen zu kaufen, gründete ich 1993 ein Gewerbe", berichtet die 68-Jährige. "Als ich ein paar Monate in den Gelben Seiten stand, kamen laufend Anrufe mit der Frage: Reparieren Sie auch Puppen?" Sie besuchte zwar mal einen Workshop in Heidelberg, doch im Grunde eignete sie sich ihr Wissen eigenständig an. Heute ist sie in der Region eine der wenigen Fachfrauen für die Restauration von Puppen.

Historische Puppen aus Zelluloid werden mit den Jahren immer brüchiger

Viele historische Puppen bestehen aus Zelluloid, das die deutsche Firma Schildkröt 1896 erstmals für Puppen verwendete. Das feuergefährliche Material wurde allerdings in den 1950er Jahren durch Tortulon ersetzt. Dennoch sind die Schildkröt-Klassiker aus Zelluloid mit Namen "Bärbel", "Hans" oder "Inge" bis heute Sammlerstücke.
Galten sie früher als stabil im Vergleich zu Porzellan, werden sie mit den Jahren immer brüchiger. Bei grobem Fingerdruck oder Fall auf den Boden zersplittern sie in Scherben. "Ich habe hier eine Puppe sitzen, ihr Material ist so brüchig, das kann ich gar nicht mehr reparieren", so Schellhase.
Doch den meisten Puppen, Teddys oder Kuscheltieren kann sie helfen. Birgit Schellhase hält Ersatzteile wie Puppenarme, Beine, Köpfe und Rümpfe vorrätig. Zum anderen gleicht die Puppendoktorin kleine Schäden mit Hilfe von Modelliermaße aus und lackiert sie neu. Die Sprühlacke lässt sie sich extra von einer Firma produzieren, sodass sie jede Hautfarbe originalgetreu trifft. Häufig leierten auch Gummibänder an den Verbindungen zwischen Armen oder Beinen und Rumpf aus. Das Material ermüdet. Ersatzteile seien leider nicht immer verfügbar, da etwa die Firma Schildkröt bestimmte Größen aus dem Programm nehme, erläutert sie.
Heute ist Puppensammlerin Ingeborg Sundermeier (78) aus Dortmund in die Gerther Puppenklinik gekommen, um eine etwa hundert Jahre alte Puppe der Thüringer Firma Kämmer & Reinhardt abzuholen, deren ausgefransten Bein- und Armgelenke mit Zelluloidmasse repariert wurden. "Wenn ich so eine lädierte Puppe sehe, habe ich irgendwie Mitleid und möchte ihr zu alter Schönheit verhelfen", sagt die pensionierte Lehrerin.
Extrem lädiert ist auch ein alter roter Teddybär aus Kindertagen, den eine Kundin aufgeregt zu Birgit Schellhase gebracht hat. Der Hund hat ihn fast ganz zerrissen – den Kopf, den Bauch. Die Puppendoktorin lächelt zuversichtlich. Sie wird ihm wohl helfen können.

Harlekin aus Stoff aus einer Saftwerbung stammte aus der Produktion der Bochumerin

Ende der 1990er Jahre fertigte Birgit Schellhase einen Harlekin aus Stoff für einen Werbespot der Saftmarke Hohes C.

Neben ihrer Arbeit als Puppendoktorin bietet sie unter anderem auch Strickkurse an. Kontakt zu Birgit Schellhase ist möglich über ihre Website unter: www.puppenundteddys.com