Bochum-Mitte. Zum Jubiläum der Lutherkirche am Bochumer Stadtpark gibt es eine Predigtreihe mit Promis. Zum Auftakt war die Schauspielerin Maria Wolf zu Gast.
Die Lutherkirche am Stadtpark wird 111 Jahre alt. Dieses Ereignis würdigt die evangelische Kirchengemeinde indes nicht mit festlichen Gottesdiensten, sondern mit einer ungewöhnlichen Annäherung an Glaube und Kirche: Sie lässt Prominente predigen. Den Auftakt machten die Schauspielerin Maria Wolf und Pfarrer Henri Krohn. Er selbst nannte es später „gewöhnungsbedürftig“.
Treffender konnte das Motto dieses Sonntagvormittags nicht ausgewählt werden: „Zwischen Erschütterung und Hoffnung“. Maria Wolf und Henri Krohn lasen Texte, Psalmen und persönliche Ansichten im Dialog – philosophisch, nachdenklich, krachend und aufwühlend. Vom religiösen Suchen, vom Glauben, von Geduld und niederschmetternder Verzweiflung.
„Die Zivilisation rast auf den Abgrund zu“
Während Wolf im Psalm von Kurt Marti die Hoffnung in den Alltag rückte, wagte es Pfarrer Krohn, dem eigenen Pessimismus Raum zu geben: „Acht Milliarden Menschen beuten die Erde aus, schüren die Klimakatastrophe. Die Zivilisation rast auf den Abgrund zu. Die Erde wird unbewohnbar, da können wir nur noch resignieren oder kämpfen einen aussichtslosen Kampf.“ Er bekennt sich zu dieser Stimmung, in die er angesichts von Ukraine-Krieg, Corona und Energiekrise gerät, wo doch Predigt heißt, die Frohe Botschaft zu verbreiten.
Kirche steht unter Denkmalschutz
Der Bau der Lutherkirche war wegen des Mangels an Kirchenplätzen für die gewachsene Bochumer evangelische Gemeinde bereits seit 1907 Thema. Im Norden der Altstadt, nach Grumme hin, besaß die Gemeinde an der Ostseite des Stadtparks größere Grundflächen; so ergab sich der schön gelegener Bauplatz an der Cäcilienstraße (heute Klinikstraße).
Die Lutherkirche gilt als Juwel sakralen Bauens und steht unter Denkmalschutz. Kirche und Pfarrhaus sind durch einen gedeckten Bogengang zu einer gelungenen Baugruppe des geometrischen Jugendstils vereint.
Die Lutherkirche als Denkmal der Reformation in Bochum„Maria Wolf und ich haben die Texte gemeinsam ausgewählt“, erklärte Krohn, darunter Jochen Klepper, der unter den Nazis wegen seiner jüdischen Ehefrau drangsaliert wurde und sich das Leben nahm, oder der Kabarettist Hanns Dieter Hüsch mit leichten Texten.
Spannungsbogen für die Zuhörer schaffen
Wolf hatte sich für den tschechischen Soziologen und Priester Tomáš Halík entschieden, den sie persönlich kennengelernt hat. „Wir schaffen einen Spannungsbogen, der den Zuhörern etwas mitgeben soll“, so Krohn. Das ist gelungen. Die Gäste lauschten ergriffen und zollten den Beiträgen anschließend Beifall.
Kita am Bochumer Stadtpark wird groß ausgebaut„Die Auswahl der Texte hat mir gut gefallen, für mich eine Anregung, mehr von den zitierten Autoren zu lesen“, lobte Matthias Nitsch im Anschluss, der zu den mehreren Dutzend Besuchern gehörte.
Die Schauspielerin ist persönlich mit Pfarrer Krohn verbunden, ihre Kinder besuchten einst die benachbarte Kita. „Ich wusste zunächst nichts von dieser Predigtreihe. Ich suchte neue Aspekte, in den Gottesdienst zu gehen, um über Kirche und Glaube nachzudenken.“ Sie komme hierher, weil sie so in Dialog treten könne.
Schwer, über Kirche zu sprechen
Sie selbst ist katholisch und findet es schwierig, in diesen Zeiten über Kirche zu sprechen, wie sie im Gespräch verrät. Es gebe aktuell so viele Erschütterungen in der Welt; „kann da die Kirche mit all’ ihren Strukturen Zuversicht geben?“ Mitunter sei es so, dass Kirche den Glauben verwalte, „für mich nicht der richtige Ansatz“.
Glaube hingegen sei etwas Persönliches, doch entscheidender noch seien ihr Fragen, wie: „Welche Grundsätze sind mir wichtig?“. Maria Wolf sagt, sie habe gelernt, wie wichtig es sei, an sich selbst zu glauben.
Die Predigtreihe zum 111-jährigen Bestehen der Lutherkirche geht an den nächsten Sonntagen weiter. Am 23. Oktober lesen Superintendent Dr. Gerald Hagmann und der Bochumer Pfarrer Constantin Decker, am 30. Oktober begleitet Constantin Decker den Diakon Eckhard Vossiek. Am 6. November betritt die Predigt-Slammerin Svenja Przigoda die Kanzel, unterstützt von Pfarrerin Diana Klöpper. Olaf Kröck, Intendant der Ruhrfestspiele Recklinghausen, beendet die Reihe am 13. November. Beginn ist jeweils um 11 Uhr. Im Anschluss an die Predigten und Kanzelreden gibt es Gelegenheit zur Diskussion.