Bochum. Gerrit Starczewski bringt seinen zweiten Independent-Film in die Kinos. Mit einer Geschichte rund um die Kultfiguren VfL Jesus und Tankwart a.D. schafft er wahre Ruhrpott-Romantik und zeigt, dass auch chaotische Methoden ein gutes Produkt bringen können.

Mit seinem neuen Film "Glanz, Gesocks und Gloria" trotzt Gerrit Starczewski allen Normen der Filmindustrie. Am Freitag feiert die Ruhrpott-Komödie Premiere. Und das ohne Drehbuch, Schauspieler und finanzielle Unterstützung. Nicht gerade die besten Voraussetzungen für einen Spielfilm, würden die meisten denken. „Mein Motto ist: einfach machen!", sagt Starczewski dagegen. Und er ist erfolgreich damit.

Es ist nicht das erste Mal, dass der 36-jährige Bochumer einen Film dreht. Schon 2017 konnte er mit seinem Film „Pottoriginale Roadmovie“ Menschen für die Bochumer Subkultur begeistern. Denn darum geht es: die Liebe zum Ruhrpott und seinen Bewohnern. Dafür bedarf es für Starczewski nicht der bis ins Detail geplanten Handlung oder Top-Schauspielern. „Ich wollte Typen, die es echt so gibt“, sagt er. Er habe schon immer Faszination für die komischeren Gestalten Bochums empfunden, sei „auf der Straße groß geworden“. Dort habe er sich seine Protagonisten auch selbst zusammengestellt. „Ich bin dann zu den Leuten hin und hab sowas gesagt wie: Du hast einen geilen Vokuhila, hast du Bock in meinem Film mitzumachen?“, erzählt er lachend.

Regisseur fand seine Darsteller alle auf der Straße


In „Glanz, Gesocks und Gloria“ spielen die Figuren sich also selbst. Es gibt schräge Outfits, Bochumer Slang, sogar eine Rockerbande macht im Film mit. Aber es gibt kein Drehbuch, keinen vorgeschriebenen Text, das Meiste ist pure Improvisation.
Finanziert wurde der Film hauptsächlich aus Gerrit Starczewskis eigener Tasche. Er führt Regie, hält die Kamera, schneidet die Szenen. „Es ist gelebte Independent-Kultur. Aber eine grobe Handlung gibt es schon“, sagt Starczewski. Die beiden Stars des Films seien VfL Jesus und Tankwart a.D., beides bekannte Gesichter im Bochumer Raum. Um der mal wieder auftretenden Geldknappheit zu entrinnen, beschließen diese, alte Glanzshorts aus den 80ern unter den Identitäten fremder Prostituierten zu verkaufen. Infolgedessen geschieht ein Mord, mit dem die Protagonisten fertig werden müssen.

DJ Hell und VfL Jesus sind die Stars des Films


VfL Jesus als Bochumer Kultfigur sei durch Starczewski berühmt geworden. Beide seien begeistere Fans des örtlichen Fußball-Vereins, lernten sich dort auch kennen. „Vor über 20 Jahren stand der schon auf der Tribüne neben mir“, sagt Starczewski. VfL Jesus sei ein Social Media Phänomen, das typische „Oder watt?“ ist heute das Markenzeichen vom Projekt Pottoriginale.
Ein weiterer Star des Films ist DJ Hell, ein bekannter deutscher Techno-DJ. Im Film spielt er einen drittklassigen Schlagersänger. Den Songtext dazu schrieb Gerrit Starczewski selbst. Nach dem roten Teppich am Freitag um 19 Uhr in den UCI Kinos und der großen Premiere werde DJ Hell dann aber wieder in seinem altbekannten Genre Techno auf der Afterparty auflegen.

Trotz Chaos am Set und wenig Geld ein einzigartiges Projekt


Von der Idee bis zur Premiere seien nun allerdings mehr als vier Jahre vergangen. Corona habe den Regisseur ziemlich ausgebremst. Aber auch sonst habe sich die Produktion über einen längeren Zeitraum hingezogen. Ein Drehtermin sei mit den Darstellern nicht so einfach gewesen. „Ich habe mich gefühlt wie ein Dirigent in einem Orchester, aber in diesem Orchester kann eigentlich keiner ein Instrument spielen“, erzählt der Regisseur lachend, „Man braucht viel Geduld, Empathie und den Glauben an eine Vision.“ Durch das chaotische Durcheinander, das an den Sets geherrscht habe, sei der Film nun aber auch einzigartig. Wenn genug Geld übrig geblieben wäre, hätte Starczewski gerne ein Making-Off von den Dreharbeiten gemacht: „Das hätte Preise gewonnen.“

Starczewski kritisiert Filmförderungs-System


Das ganze Projekt übe zudem auch Kritik am Filmförder-System. Es würden immer nur die gleichen Menschen Fördermittel bekommen: „Wenn zum Beispiel ein Tatort gedreht wird, sind da 30 Leute am Set nur im Hintergrund.“ Als neuer Filmemacher seien die Möglichkeiten sehr begrenzt. Seine Botschaft an Künstler ist deutlich: „Egal wie bescheuert eine Idee ist, du musst immer an dich glauben.“ Dass dieses Motto wirkt, wird durch „Glanz, Gesocks und Gloria“ deutlich. Schon jetzt seien die 1000 Tickets für die Premiere am Freitag in den UCI Kinos fast ausverkauft. Auch in Düsseldorf, Dortmund, Köln und einigen anderen Städten wird der Film zu sehen sein. Sogar Berlin steht auf der Liste.

Fan sponsort große Werbefläche in Dortmund

Hilfe bei der Umsetzung des Films bekam Starczewski vor allem durch seine Fans. Auf seinen Social Media Accounts folgen ihm und den regelmäßigen Clips von VfL Jesus mehrere Tausend Menschen. Dadurch habe er auch einige Kontakte knüpfen können, die hilfreich für das Projekt waren. Einer seiner Fans besitze zum Beispiel eine Firma für Außenwerbung, die ihm in Dortmund eine 150 Quadratmeter große Werbefläche organisierte. „Das müsste das größte Billboard für einen Low-Budget-Film jemals sein. Ein Tarantino für Arme.“