Bochum. Lusine und Annkatrin wünschen sich ein Baby. Die Kosten der Behandlung müssen sie allein tragen, weil sie ein gleichgeschlechtliches Paar sind.

Lusine und Annkatrin Azizkhani Mamooreh aus Bochum-Wiemelhausen sind seit einem halben Jahr verheiratet. Das gleichgeschlechtliche Paar wünscht sich ein Kind, hat bereits mit der Kinderwunschbehandlung begonnen. Dabei müssen die beiden Frauen viele Hürden meistern – auch solche, die einem Paar, bestehend aus Mann und Frau, erspart bleiben.

Gleichgeschlechtliches Paar aus Bochum wünscht sich ein Baby

Seit 13 Jahren kennen sich Lusine (30) und Annkatrin Azizkhani Mamooreh (31) – aus Schulzeiten. Beide wachsen in Hessen auf und sind seit der Oberstufe beste Freundinnen. Zuerst zieht Lusine ins Ruhrgebiet, vor etwa vier Jahren. Für sie ist schon lange klar, dass sie für Annkatrin mehr als nur Freundschaft empfindet. Irgendwann verliebt sich auch die 31-Jährige in ihre beste Freundin. Seit anderthalb Jahren sind die beiden Frauen ein Paar, haben im März geheiratet.

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„Mir war schon immer klar, dass ich Kinder bekommen möchte“, sagt Annkatrin Azizkhani Mamooreh, die das Kind austragen will. Das Paar ist offen für eine Adoption, sagen die beiden Frauen. Doch sie haben den großen Wunsch nach einem leiblichen Kind. Der Weg dahin ist allerdings kein leichter – und vor allem: kein günstiger.

Den ersten Versuch haben die Bochumerinnen bereits im Juni gewagt und dafür die Methode der Insemination gewählt. Dabei wird das Sperma eines Samenspenders direkt in den weiblichen Genitaltrakt übertragen. Die Chancen, dass eine Frau schwanger wird, liegt nur bei etwa 15 Prozent. Bei Annkatrin Azizkhani Mamooreh hat es nicht geklappt.

Krankenkasse beteiligt sich nicht an Kosten für Kinderwunschbehandlung

Die beiden Frauen entscheiden sich deshalb für eine künstliche Befruchtung. Dazu werden der Frau Eizellen entnommen, mit Spermien befruchtet und im Anschluss wieder eingesetzt. Die Erfolgschancen sind deutlich höher. Mitten in diesem Prozess befindet sich aktuell das Ehepaar Azizkhani Mamooreh. Derzeit nimmt Annkatrin Hormone ein, die dafür sorgen, dass in ihrem Körper mehrere Eizellen reifen.

Besserung in Sicht?

Auf eineVeränderung lässt möglicherweise der im vergangenen Jahr geschlossene Koalitionsvertrag zwischen SPD, Grünen und der FDP hoffen.

Darin heißt es wörtlich: „Künstliche Befruchtung wird diskriminierungsfrei (...) unabhängig von medizinischer Indikation, Familienstand und sexueller Identität förderfähig sein. (...) Der Bund übernimmt 25 Prozent der Kosten unabhängig von einer Landesbeteiligung. Sodann planen wir, zu einer vollständigen Übernahme der Kosten zurückzukehren.“

Bisher hat sich rechtlich aber noch nichts an der Situation geändert.

Für ihren Kinderwunsch nehmen die Bochumerinnen hohe Kosten auf sich. Bereits der erste Versuch der Insemination lag bei 5000 Euro – für Samenspende und Behandlung. Noch teurer ist die künstliche Befruchtung. „Paare (...) zahlen nicht selten 10.000 bis 20.000 Euro“, erklärt der Lesben- und Schwulenverband (LSDV).

Generell besteht bei einer Kinderwunschbehandlung die Möglichkeit, dass die gesetzliche Krankenversicherung sich an den Kosten beteiligt. Allerdings nur, „wenn es sich um verschiedengeschlechtliche Ehepaare handelt“, so der LSVD. Eine Kostenerstattung erfolgt nur, wenn ausschließlich Ei- und Samenzellen der Ehegatten verwendet werden.

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Ausschluss gleichgeschlechtlicher Paare laut Bundessozialgericht rechtmäßig

Das Bundessozialgericht hat im Oktober 2021 entschieden, „dass die Beschränkung der finanziellen Förderung auf die homologe Insemination und damit der Ausschluss gleichgeschlechtlicher Paare von der Förderung rechtmäßig sei“, heißt es weiter von dem Verband.

Lusine (links) und Annkatrin Azizkhani Mamooreh wünschen sich ein Kind. Sie kritisieren, dass gleichgeschlechtliche und heterosexuelle Paare dabei noch immer unterschiedlich behandelt werden.
Lusine (links) und Annkatrin Azizkhani Mamooreh wünschen sich ein Kind. Sie kritisieren, dass gleichgeschlechtliche und heterosexuelle Paare dabei noch immer unterschiedlich behandelt werden. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

Doch beim Thema künstliche Befruchtung hört die fehlende Gleichberechtigung nicht auf. Bekommt eine Frau, die mit einem Mann verheiratet ist, ein Kind, so wird dieser automatisch als Vater eingetragen – auch falls es sich gar nicht um den biologischen Vater handelt. Anders ist das bei einer gleichgeschlechtlichen Ehe. „Ich muss das Kind erst adoptieren, damit ich rechtlich auch die Mutter bin“, erklärt Lusine Azizkhani Mamooreh. „Wir fordern: Beide Mütter müssen von Geburt an gleichberechtigte Eltern ihres Kindes sein können“, heißt es dazu auch vom Lesben- und Schwulenverband.

Bochumerinnen wünschen sich Gleichberechtigung

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Lusine und Annkatrin Azizkhani Mamooreh erzählen ihre Geschichte, um Öffentlichkeit für die Thematik zu schaffen. „In der Hoffnung, dass es andere Frauen künftig nicht mehr so schwer haben“, sagen sie. Beide fordern, dass es irgendwann eine komplette Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen und heterosexuellen Paaren gibt.