Bochum.
Über einen langen Zeitraum hat es gepasst. Die Stadtwerke Bochum haben ihre 60.000 Gas-Kunden zuverlässig und zu ordentlichen Preisen mit Energie beliefert, haben zugleich die regionale Wirtschaft mit Aufträgen versorgt und mit ihren Gewinnen öffentliche Aufgaben finanziert, im Wesentlichen mit für den Ausgleich von Defiziten im öffentlichen Nahverkehr gesorgt.
Die nächste Preiserhöhung ist vorprogrammiert
Jetzt gerät das System aus den Fugen. Mit der vierten Gaspreiserhöhung binnen knapp zwei Jahren kommt es für die Verbraucher knüppeldick. Bis zu 50 Prozent mehr müssen sie von Oktober an bezahlen. Mindestens. Denn wenn am Montag Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck die Höhe der Energieumlage bekanntgibt, kommen womöglich noch einmal bis zu fünf Cent je Kilowattstunde obendrauf; je nach Verbrauch und Tarif können das weitere zehn, 20, 30 Euro monatlich für die Kunden sein.
Verbraucher haben momentan nur eine Chance, dagegenzuhalten: Energiesparen. „Ein Anbieterwechsel macht jetzt keinen Sinn“, sagt die Verbraucherzentrale NRW in Düsseldorf. Ja mehr noch. Angesichts der Preisentwicklung anderer Anbieter bezeichnet sie den Anstieg in Bochum noch als moderat. „Wenn ich in Bochum leben würde, würde ich mich über den Grundtarif der Stadtwerke sogar noch freuen“, sagt Energieexpertin Christina Wallraf von der Verbraucherzentrale NRW.
Stadtwerken sind nahezu die Hände gebunden
Den Stadtwerken sind angesichts von galoppierenden Beschaffungskosten beinahe die Hände gebunden. Nach Angaben der Verbraucherzentrale liegt der Beschaffungspreis für Gas momentan bei 20 Cent je Kilowattstunde. Dazu kommen noch Netzabgaben und Steuern.
Drehen könnten sie – abgesehen von Optimierungen im eigenen Unternehmen – in nennenswertem Umfang nur noch am Betriebsergebnis. 57,5 Millionen Euro Gewinnausschüttung hat das städtische Tochterunternehmen mit der Stadt Bochum für 2022 vereinbart. Würde es die Preise weniger stark anheben als nun beschlossen, fiele die zusätzliche Belastung der Kunden moderater aus. Allerdings: Am Ende würde auch Geld fehlen, das derzeit vor allem mit Beteiligungen wie etwa bei Gelsenwasser und der eigenen Produktion von Energie gewonnen wird, um Bochum bei der Finanzierung des defizitären Betriebs von öffentlichen Bussen und Bahnen zu unterstützen. Eine Wahl zwischen Pest und Cholera.