Bochum. Die Preise steigen rasant. Die Verbraucherberatung in Bochum warnt vor falschen Entscheidungen. Vorsicht, Falle: Was man jetzt nicht tun sollte.

Die Verbraucherzentrale in Bochum bereitet sich auf einen Ansturm vor. „Schon jetzt laufen unsere Telefone heiß, die Wartelisten sind voll. Das wird sich im Herbst und Winter nochmals verschärfen“, glaubt die Leiterin Andrea Thume und warnt im Gespräch mit der WAZ vor unseriösen Anbietern, die sich die wachsende Not zunutze machen wollen.

Steigende Preise: Schon jetzt gibt es hohe Rückstände bei Energieversorgern

Steigende Preise in nahezu allen Lebensbereichen rufen die sieben festangestellten Beraterinnen und Berater an der Großen Beckstraße in bislang nicht gekanntem Ausmaß auf den Plan. Alarmierende Beobachtung: auch immer mehr Haushalte auch aus der Mittelschicht geraten mit ihrem Einkommen ans Ende. Die letzten Puffer sind aufgebraucht. Das zeigt sich an den Ausgabestellen der Tafeln in Bochum. Das ist längst auch Alltag in den Beratungen der Verbraucherschützer.

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Thema Nummer 1: die explodierenden Energiekosten. „Unsere Energieberatung boomt wie noch nie. Zugleich kommen schon jetzt immer mehr Kunden zu uns, die Zahlungsrückstände bei ihren Energieversorgern haben“, berichtet Andrea Thume. Dabei hielten sich die Mehrkosten bislang noch in Grenzen. „Die extremen Aufschläge für Gas und Strom bei den Abrechnungen stehen erst noch bevor. Das wird viele Haushalte ohne ausreichende staatliche Unterstützung komplett überfordern.“

Die Energieberatungen, die die Verbraucherzentrale (hier Beraterin Stephanie Kallendrusch) in Bochum anbietet, sind so gefragt wie nie zuvor.
Die Energieberatungen, die die Verbraucherzentrale (hier Beraterin Stephanie Kallendrusch) in Bochum anbietet, sind so gefragt wie nie zuvor. © FUNKE Foto Services | Dietmar Wäsche

Welle an Energiesperren wird erwartet

Die Verbraucherzentrale erwartet „eine Welle“ an Energiesperren. Noch sind die Zahlen moderat. Im ersten Halbjahr haben die Stadtwerke in Bochum 2086 Stromzähler gesperrt und 28 Gaszähler ausgebaut. Im gesamten Jahr 2021 waren es 4057 Strom- und 16 Gassperren, meldet Sprecher Christian Seger. Wenn ein Kunde mit mehr als 100 Euro im Rückstand ist, erhält er eine Mahnung. Zahlungsfrist: 28 Tage.

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Zwei Tipps der Experten: Mit dem Energieversorger eine Ratenzahlung vereinbaren – und sich bei der Verbraucherzentrale um eine Schuldnerberatung bemühen. Das allerdings ist nicht einfach. „Die Anfragen nehmen erheblich zu. Die Wartezeiten liegen aktuell bei einem halben Jahr. Selbstständige und Menschen mit Eigentum kommen gar nicht mehr auf die Warteliste.“ Ausnahme: eine „Existenzsicherungsberatung“, für die einige Akut-Plätze bereitgehalten werden. Dafür muss es aber schon lichterloh brennen.

Vorsicht bei Heimarbeit, Kleinkrediten und Dispo-Überziehung

Als Brandbeschleuniger entpuppen sich vielfach Angebote, die kurzfristig als Ausweg aus der wirtschaftlichen Misere herhalten sollen, zumeist aber in der Sackgasse enden. „Was Sie bloß nicht machen sollten“: Andrea Thume hat die Top 3 zusammengestellt.

– Vorsicht bei Heimarbeit-Jobs, die einen lukrativen Zusatzverdienst versprechen. „Finger weg!“, sollte es vor allem heißen, wenn man als Arbeitnehmer für den neuen Job in Vorkasse gehen muss, etwa für Schulungskurse oder den Kauf von Waren und Materialien.

– Achtung bei Kleinkrediten. „Benötigen Sie keine Schufa-Auskunft, sollten Sie misstrauisch werden“, sagen die Verbraucherberater. Das gelte auch beim Umschulden von laufenden Krediten.

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– Das Ausreizen des Überziehungskredits bei der Bank oder Sparkasse sei keine Alternative. „Der Dispokredit kostet Zinsen, die in vielen Fällen sehr hoch sind. Wie bei unseriösen Krediten ist es immer der Kunde, der draufzahlt“, so Andreas Thume.

„Nutzen Sie Streck- und Bückware und vermeiden Sie Einkaufsfallen im Supermarkt“: So lautet ein Spar-Tipp der Verbraucherberatung.
„Nutzen Sie Streck- und Bückware und vermeiden Sie Einkaufsfallen im Supermarkt“: So lautet ein Spar-Tipp der Verbraucherberatung. © WAZ FotoPool | MATTHIAS GRABEN

Tipp: Wochenmarkt kurz vor der Schließung besuchen

Miete, Energie, Lebensmittel, Telefon (gerade bei älteren Menschen): Dafür müsse jeder Haushalt zuerst Sorge tragen. „Alles andere muss in Zeiten wie diesen erstmal warten“, betont Thume und empfiehlt ein Haushaltsbuch, um den Überblick über die Einnahmen und Ausgaben zu behalten.

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Einen einfachen, aber einträglichen Tipp fürs Einkaufen hält die Verbraucherzentrale bereit: „Besuchen Sie die Wochenmärkte kurz vor der Schließung. Dann kann man dort manches Schnäppchen erstehen.“ In Bochum ist je nach Standort um 13 oder 14 Uhr Marktschluss. Alle Märkte und Öffnungszeiten gibt es auf bochum-tourismus.de/wochenmarkt

Die Verbraucherberatung an der Oberen Beckstraße 15 ist montags und dienstags von 9 bis 13 Uhr und 14 bis 17 Uhr, donnerstags von 9 bis 13 Uhr und 14 bis 18 Uhr sowie freitags von 9 bis 14 Uhr geöffnet. Telefon: 0234/97 47 37 01. Online: verbraucherzentrale.nrw/beratungsstellen/bochum