Bochum. Das Interesse an Photovoltaikanlagen nimmt zu. Mieterstromanlagen gibt es in Bochum allerdings kaum. Diese Gründe sehen die Stadtwerke.
Die Zahl der Mieterstromanlagen bewegt sich in Bochum auf einem sehr niedrigen Niveau. Mit dem Ende der EEG-Umlage soll das Modell für Vermieter lukrativer werden. Ein steigendes Interesse an Mieterstromprojekten können die Stadtwerke bislang nicht beobachten, wohl aber an kleineren Photovoltaik-Anlagen.
Trotz Photovoltaik-Boom: Kaum Mieterstrom-Modelle in Bochum
Bei Mieterstromanlagen nutzen Vermieter eigene Dachflächen zur Stromerzeugung. Der so erzeugte Strom wird direkt durch die Mietparteien im Haus genutzt und bei einem Überschuss ins Netz eingespeist. Erste Konzepte für Bochumer Wohnungsgeber haben die Bochumer Stadtwerke bereits 2016 entwickelt. Daraus seien seither aber nur ein paar Anfragen für Mehrfamilienhäuser entstanden, sagt Stadtwerke-Sprecher Kai Krischnak. Er wisse lediglich von fünf Anlagen in der Stadt, die die Mieterstromförderung des Bundes derzeit in Anspruch nehmen.
Vermieter können davon nur profitieren, wenn sie für den selbst produzierten Strom maximal 90 Prozent des Strom-Basistarifs von ihren Mieterinnen und Mieter verlangen. „Mit dem Ende der EEG-Umlage am 1. Juli haben wir entsprechend auch den Basistarif reduziert“, erläutert Mark Vogel, Leiter Energiedienstleistungen bei den Stadtwerken, „dadurch reduziert sich auch der Mieterstrompreis, weil der an den Basispreis gekoppelt ist“.
Zwar könnten Vermieter auch selbst in eine PV-Anlage investieren und den Strom an ihre Mietparteien liefern, doch in den meisten Fällen kaufen, installieren und betreiben die Stadtwerke die Photovoltaikanlage. So auch im VBW-Block an der der Mörikestraße – oder in der Ko-Fabrik am Imbuschplatz. „Dort schließen wir gerade noch die Verkabelung im Keller ab, dann kann die Anlage in Betrieb gehen“, erläutert Vogel.
Ko-Fabrik setzt auf Mieterstrom-Konzept
15 Parteien, 200 Quadratmeter Wohn- und Gewerbefläche, eine geeignete Dachfläche und ein hoher Eigenverbrauch – die Ko-Fabrik erfüllt alle Voraussetzungen. Deshalb zieren seit einigen Monaten dunkle Solarzellen das Dach der Multifunktions-Quartiershalle – installiert und betrieben durch die Stadtwerke Bochum.
„Wir hatten überlegt, selbst in eine PV-Anlage zu investieren und so unsere Mieter mit Strom zu versorgen“, sagt Henry Beierlorzer, Geschäftsführer der Projektgesellschaft der Ko-Fabrik. „Doch unsere Gemeinnützigkeit lässt das nicht zu, dann wären wir ja Stromverkäufer.“ Also habe man sich die Stadtwerke als Investor gesucht.
Beierlorzer von der „Urbanen Nachbarschaft Imbuschplatz“ sieht bei den Mieterstrommodellen einen Reformbedarf. Der administrative Umgang mit der Anlage sei für private Vermieter eine Herausforderung. Den rechtlichen und organisatorischen Aufwand würden kleinere Vermieter nicht stemmen können. Ähnlich sieht es auch Mark Vogel von den Stadtwerken: Es gebe zwar „eine Handvoll Wohnungseigentümer“, die in eine Anlage investieren und selbst ihren Mietern Strom liefern, doch die Menge an Pflichten mache dieses Modell für diese privaten Vermieter unattraktiv.
Allgemein hohe Nachfrage nach PV-Anlagen
Abseits vom Mieterstrom verzeichnet Vogel im ersten Halbjahr 2022 aber eine sehr hohe Nachfrage nach PV-Anlagen, insbesondere bei Gewerbe- und Großprojekten, aber auch Einfamilienhäusern. Ende 2021 zählten die Stadtwerke 2509 PV-Anlagen mit insgesamt 40.050 Kilowattstunden Spitzenleistung. Damit könnten durchschnittlich 9600 Haushalte für ein Jahr mit Strom versorgt werden. Im Kundenauftrag hätten die Stadtwerke in den ersten Monaten dieses Jahres bereits 59 weitere Anlagen installiert – „eine signifikante Steigerung“, bilanziert Stadtwerke-Sprecher Krischnak. „Ob das allerdings mit dem Ende der EEG-Umlage zusammenhängt, bezweifel ich.“ In Zeiten des Ukraine-Kriegs stehe bei Stromverbrauchern mehr der Wunsch nach Energie-Unabhängigkeit im Vordergrund.
Die Frage, ob die Zahl der Mieterstromanlagen künftig zunehme, hänge entscheidend davon ab, welche Einspeisevergütung ab dem 1. Januar 2023 gilt – also, wie lukrativ es für die Vermieter ist, selbst produzierten Strom in das allgemeine Stromnetz einzuspeisen.