Bochum. Müssen Erzieher beim Mittagsschlaf im selben Raum sein? Die Frage stellt sich nach dem Tod eines Kindes, das leblos in der Kita gefunden wurde.
Nach dem Tod eines Jungen (1), der nach dem Mittagsschlaf in einem Kindergarten in Bochum-Hofstede leblos aufgefunden wurde, stellt sich die Frage, ob Kindergärten und ihren Trägern bei der Aufsichtspflicht von schlafenden Kindern ein zu großer Spielraum gelassen wird. Ob und wie Erzieherinnen und Erzieher beim Mittagsschlaf im Schlafraum anwesend sein müssen, das legen die Träger von Kindergärten selber fest – höchst unterschiedlich.
Mittagsschlaf im Kindergarten: Bei zu wenig Erziehern fällt der Schlaf aus
So gibt etwa der Kita-Zweckverband im Bistum Essen auf Nachfrage an, dass sich die „Schlafwache“ am Entwicklungsstand der Kinder orientiere. „Gerade ältere Kinder, die schon länger die Kita besuchen, fordern teilweise aktiv ein, alleine im Raum zur Ruhe zu kommen. Diesen Wunsch respektieren die pädagogischen Fachkräfte“, so Sprecherin Lina Strafer.
Je nach Situation könne es demnach ausreichend sein, in „regelmäßigen Zeitabständen“ nach den schlafenden oder ruhenden Kindern zu schauen. Bei jüngeren oder neuen Kita-Kindern sei in der Regel ein Erwachsener dauerhaft im Schlafraum.
Wenn viele Erzieher krank sind, dann schränke man das Angebot auch ein. Heißt: Dann kann kein Mittagsschlaf stattfinden, weil die Schlafwache nicht gewährleistet ist. „Das Wohl und die Sicherheit der uns anvertrauten Kinder hat zu jeder Zeit oberste Priorität.“
Städtische Kindergärten haben strengere Regeln
Bei den städtischen Kindergärten ist man strenger. Dort ist grundsätzlich vorgeschrieben, dass ein Erzieher oder eine Erzieherin während des Schlafens im Raum sein muss. „Wenn zehn Kinder schlafen, ist eine Person für alle Kinder anwesend. Kinder, die nicht schlafen möchten, werden von einer anderen Erzieherin/einem anderen Erzieher betreut“, heißt es von der Stadt.
Grundsätzlich würden vor allem Kinder in U3-Gruppen einen Mittagsschlaf machen, aber auch älteren Kindern werde dieser nicht verwehrt.
Awo und Evangelischer Kirchenkreis geben keine Informationen
Die Awo – als weiterer großer Träger – äußert sich nicht dazu, wie die Aufsicht für schlafende Kinder geregelt ist. Nur so viel: „Das Schlafangebot wird aber auch immer mit den Eltern und vor allem mit den Kindern thematisiert. Es gibt also grundsätzlich keine Schlafpflicht“, sagt Sprecher Christopher Becker.
Landesjugendamt zuständig
Das NRW-Familienministerium teilt auf Nachfrage mit, dass grundsätzlich die Erzieher für die Aufsichtspflicht verantwortlich sind. Die Regeln bestimmen die Träger von Kindertageseinrichtungen.
Zuständig für die Wahrnehmung der Aufsicht gegenüber den Trägern von Kindertageseinrichtungen ist das jeweils zuständige Landesjugendamt, in diesem Fall das Landesjugendamt des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe.
Beim Tod des einjährigen Jungen sind indes weiter viele Fragen ungeklärt. Eine der wichtigsten: Wo waren die Erzieherinnen während des Mittagsschlafs des U3-Kindes? Sowohl der Kindergarten, als auch der Evangelische Kirchenkreis als sein Träger, wollen sich zu dem konkreten Vorfall nicht äußern. Die Sprecherin sei nicht im Dienst, daher könne man auch keine Auskunft über die allgemeinen Regeln zur Aufsichtspflicht während der Schlafenszeiten geben, heißt es.
Weiter unklar ist, warum der Junge im Kindergarten das Bewusstsein verloren hatte. Er konnte zunächst erfolgreich reanimiert werden, starb aber wenige Tage später im Krankenhaus. Eine Obduktion am Donnerstag soll klären, woran der Einjährige gestorben ist.