Bochum-Werne. Alle Gesamtschulen in Bochum kriegen Geld vom Land, um für jeden Schüler Tablets zu kaufen. Eine Schule geht dabei leer aus. Das sorgt für Frust.

Die Freude an 44 Bochumer Schulen ist groß. Vom Land floss über ein EU-Förderprogramm viel Geld in die Einrichtungen, damit diese für jeden Schüler und jede Schülerin ein Tablet anschaffen können – 500 Euro pro Kopf. Auch die Gesamtschulen wurden bedacht – bis auf eine allerdings. Dort ist man ziemlich sauer, denn begründet wurde die Nichtberücksichtigung nicht. Bochum:

Bochum: Neue Tablets für die Gesamtschulen – bis auf eine

Jeder ihrer Schüler sollte ein Tablet haben, findet Claudia Högemann. Sie leitet die Willy-Brandt-Gesamtschule (WBG) in Bochum-Werne. Högemann geht es um Chancengleichheit. Und diese sei nicht gegeben, wenn die Digitalisierung an Werne vorbeiführe.

An der WBG verstehen Schulleitung und Elternschaft die Welt nicht mehr. „Wir waren echt überrascht, dass wir nicht auch eine Förderung erhalten haben“, sagt Claudia Högemann. Sofort hatte man Ursachenforschung betrieben, bei Stadt und Bezirksregierung nachgefragt – ohne Erfolg, „niemand konnte sich das erklären.“ Auch das Schulministerium wurde angeschrieben. Eine Antwort steht laut Annett Gustrau vom Vorstand der Elternpflegschaft immer noch aus.

Bochum: Schulleiterin will bestmögliche Unterstützung für die Schüler

Nur auf Betreiben von Stadt und Politik hatte sich das Schulministerium geäußert und mitgeteilt, dass der Entscheidung zur Mittelvergabe unterschiedliche Bewertungskriterien zugrunde lagen. Dabei wurde der Anteil der Schüler mit ausländischer Staatsangehörigkeit berücksichtigt, der Anteil der Schüler mit Lern- und Entwicklungsstörungen, die SGB-II-Quote des Wohnortes und die Wohnsituation der Familien der Schüler.

Die Willy-Brandt-Gesamtschule in Bochum-Werne hat an zwei Standorten 1300 Schülerinnen und Schüler. Hier das Gebäude an der Wittekindstraße.
Die Willy-Brandt-Gesamtschule in Bochum-Werne hat an zwei Standorten 1300 Schülerinnen und Schüler. Hier das Gebäude an der Wittekindstraße. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

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Dass einzelne Schulen nach subjektiver Einschätzung zu Unrecht nicht berücksichtigt worden sind, sei bei Anwendung eines standardisierten Berechnungsverfahrens bedauerlicherweise nicht zu vermeiden, heißt es in dem Schreiben aus Düsseldorf abschließend. Dabei gibt es laut Claudia Högemann gute Gründe, “ihre“ Gesamtschule doch mit Fördermitteln zu versehen. „In unserem Einzugsgebiet leben viele Familien von der Sozialhilfe, viele haben Migrationshintergrund und nur die allerwenigsten leben in Luxuswohnungen“, sagt die Schulleiterin.

Ihr gehe es nur um die Kinder. „Die haben auch alle ein Tablet und die bestmögliche Unterstützung verdient.“ Sie selbst habe eines. „Das würde ich auch gerne abgeben. Aber das darf ich nicht, weil es ein Lehrergerät ist.“ Und es wäre auch nur der berühmte Tropfen auf den heißen Stein: Die Willy-Brandt-Gesamtschule benötigt Tablets für 1300 Schülerinnen und Schüler. Die Fördersumme würde also 650.000 Euro betragen.

Langsame Digitalisierung

Die Digitalisierung schreitet in der Willy-Brandt-Gesamtschule nur langsam voran. Das Oberstufengebäude am Deutschen Reich sei schon mit Glasfaserkabeln ausgestattet, sagt Schulleiterin Claudia Högemann. An der Wittekindstraße hingegen gebe es nur dort Internet-Zugänge, wo die Brandschutzsanierung schon beendet sei.Man helfe sich mit mobilem WLAN über Giga-Cubes. „Die wurden uns von Stadt und Förderverein zur Verfügung gestellt“, sagt Claudia Högemann. Viele Schüler würden mit ihren Handys arbeiten. Oder mit anderswo ausgemusterten Laptops, die uns geschenkt werden. Wir nehmen alles“, so Högemann.Von einer professionellen Digitalisierung könne keine Rede sein, sagt Claudia Högemann. Tablets würden da sehr helfen. „Die kann man zur Not ja auch offline nutzen. das wäre schon ein großer Schritt.“

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Auf WAZ-Anfrage macht das Schulministerium Hoffnung, dass die WBG doch noch zu Tablets kommen wird. Wenn auch nicht über die beschriebene „Ausstattungsoffensive NRW“. Dafür auf anderem Wege. „Denn der Schulträger ist nach Vorgabe der Förderrichtlinie dazu verpflichtet, nach erfolgter Ausstattung aller Schülerinnen und Schüler an den geförderten Schulen die zuvor aus dem Sofortausstattungsprogramm für diese Schulen beschafften Endgeräte auf andere Schulen in seiner Zuständigkeit nach sozialen Faktoren zu verteilen“, heißt es aus dem Schulministerium. Damit werde „dem Anspruch einer möglichst gerechten Verteilung der Endgeräte für insbesondere sozial benachteiligte Kinder und Jugendlichen Rechnung getragen“.

Die Verteilung der Fördergelder habe nicht nach dem Schulsozialindex erfolgen können, „weil ein solcher für Ersatzschulen, Berufs- und Weiterbildungskollegs und Förderschulen nicht vorliegt“, erklärt ein Sprecher des Schulministeriums. Damit auch diese Schulformen berücksichtigt werden konnten, sei es mit Blick auf den Verteilungsschlüssel notwendig gewesen, Indikatoren zu finden, die auf alle Schulen gleichermaßen anwendbar sind.

Wichtig sei der Landesregierung gewesen, dass alle Förderschulen gefördert werden, um den besonderen Bedürfnissen ihrer Schüler umfänglich gerecht zu werden. Diese befänden sich in der Regel in Situationen, die eine besondere Unterstützung erfordern. Dies gelte ebenfalls für die Klinikschulen.