Bochum. Sonnenschein und ein Museums-Triebwagen locken viele Besucher auf das Bochumer Betriebsgelände der Bogestra. Vor einem Jahr kam Corona dazwischen.

Ein Empfang mit Fanfaren für einen „Gebrauchtwagen“ hat allein schon Seltenheitswert. Und der hat dann auch noch 2,5 Millionen Kilometer auf dem Tacho. Gerade deswegen erklang das markante Thema aus „Rocky“, genauer „Gonna fly now“, weil es in den 1970er Jahren für eine Ära stand. Das gilt ebenso für den Triebwagen 322 der M-Generation, den die Bogestra zum Tag der offenen Tür der Verkehrshistorischen Arbeitsgemeinschaft VhAG übergab.

Bogie-Bahn und der neue Star, der M-Wagen 322 der Verkehrshistorischen AG (rechts), nebeneinander, ein Motiv für die Fans auf dem Betriebshof.
Bogie-Bahn und der neue Star, der M-Wagen 322 der Verkehrshistorischen AG (rechts), nebeneinander, ein Motiv für die Fans auf dem Betriebshof. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

Veteran von 1977 im Blickpunkt auf dem Bochumer Betriebshof

Frisch lackiert rollte der Veteran, am 7. April 1977 in Dienst gestellt, aus der Halle auf den Betriebshof Engelsburg an der Essener Straße zu den Klängen des Bogestra-Express-Orchesters. Das schickte ihm dann noch das Thema aus „Star Wars“ hinterher. Geradezu sehnsüchtig erwartet hatten den Oldie in glänzendem Rot und Weiß ganze Scharen von „Trainspottern“, also eingefleischten Fans der verschiedenen Straßenbahn-Modelle, die ihn aus allen möglichen Perspektiven vor die Linse nahmen.

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Für Sonderfahrten wieder auf die Schiene

Ans Steuer durfte zu diesen „Roll out“ der zweite Vorsitzende der VhAG, Günter Koslowski, von Axel Ladleif, dem ersten Vorsitzenden begrüßt mit: „Ja, ja, mehr Ruhrgebiet geht wohl nicht.“ Der kommentierte auf Koslowskis Erinnerung als Fahrlehrer auf dem Triebwagen, in das „hochbeinige“ Modell seien die Fahrgäste gern geklettert: „Hier wollen die Leute mitfahren, bei der Bogestra müssen sie“. Denn die Verkehrshistoriker wollen dem M-Wagen zu Sonderfahrten wieder auf die Schiene bringen - wenn er die anstehende Hauptuntersuchung besteht.

Fundstücke aus dem Archiv sind begehrt bei den zahlreichen Besuchern beim Tag der offenen Tür der Bogestra.
Fundstücke aus dem Archiv sind begehrt bei den zahlreichen Besuchern beim Tag der offenen Tür der Bogestra. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

Kurventaugliches Modell

Dieses Modell war parallel zu den Niederflurwagen und den aktuellen Vario-Bahnen noch relativ lange im Schienennetz der Bogestra unterwegs, etwa auf der Linie 310 in Langendreer. Denn die engen Kurven im Bereich Kaltehardt und Papenholz konnte nur dieser Typ nehmen.

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Für Fahrgäste mit Kinderwagen oder Rollatoren stellten die engen Einstiege mit Stufen allerdings ein immenses Hindernis dar. Heute ist die Strecke zwischen Baroper Straße und Hauptstraße stillgelegt, dafür sind die Gleise von Laer über Langendreer Bahnhof und weiter nach Witten ausgebaut worden.

40 Millionen Fahrgäste fehlten

Die symbolische Schlüsselübergabe hatte Bogestra-Vorstand Jörg Filter gern übernommen. Der war über den Betrieb beim Tag der offenen Tür sichtlich erfreut, hatte das Nahverkehrsunternehmen im vergangenen Jahr doch zum 125-jährigen Bestehen mehrere vergebliche Versuche unternommen, groß zu feiern. Die Pandemie durchkreuzte das. „Das hat uns 40 Millionen Fahrgäste gekostet“, fasste Filter die Auswirkung von verstärktem Homeoffice zusammen.

Wohl 15.000 Besucher an der Engelsburg

„Als wir aufgemacht haben, standen die Menschen schon sozusagen vierstellig draußen“, berichtet auch Unternehmenssprecherin Sandra Bruns. Die Einlasszahlen wurden kontrolliert, denn mehr als 5000 Besucher sollten nicht zur selben Zeit auf dem Gelände sein. Mit 15.000 über den Tag rechnete Bruns trotzdem.

Stadtbahn-Wagen M-Klasse

Der M-Wagen stehe für ein Stück Technik- und Heimatgeschichte, erläuterte Axel Ladleif, Vorsitzender der VhAG, bei der Übernahme des Wagens 322 in den Fuhrpark der Oldie-Freunde: „Unser erster.“ Dieser Typ sei in vielen Städten, auch im Ruhrgebiet, prägend für das Bild des Nahverkehrs in den 70er Jahren gewesen.

Sonderfahrten mit dieser Bahn würden nach der noch anstehenden Überholung des Fahrgastraumes und der „Jungfernfahrt“ sicherlich bald angeboten. Auch die Bogie-Bahn könne wohl in nicht allzu ferner Zeit wieder für Feiern und Ausflüge auf die Schiene hinaus. Unter den Corona-Beschränkungen fuhr die Party-Bahn nicht.

Zum Tag der offenen Tür hatte die VhAG einen eigenen Sonderfahrplan mit historischen Straßenbahnen zwischen Gelsenkirchen, Höntrop und in Gegenrichtung bis Laer erstellt. Allerdings zeigten die Seitenstreifen auf der Allee- und Essener Straße und auch der Engelsburger Straße, dass viele Besucher mit dem Pkw kamen.