Bochum-Laer. Alter Abwasserkanal in Laer bringt Hauseigentümer auf die Palme. Das Tiefbauamt der Stadt stellt Projekte für Bochum als „Schwammstadt“ vor.
Beim vierten Eigentümerforum in Laer entlud sich eine Menge Ärger der Bürger über den alten Abwasserkanal an der Laerfeldstraße, versiegelte Oberflächen durch Neubauten und Hitzeinseln durch Steingärten. Zu der Veranstaltung im Rahmen des Stadtumbaus Laer/Mark 51/7 wurden rund 100 Immobilienbesitzer eingeladen, um sich zu den Folgen und Maßnahmen der zunehmenden Starkregen zu informieren.
Zunächst hörten sich die rund 80 anwesenden Eigentümer einen Vortrag von Marko Siekmann an. Der Leiter der Abteilung Entwässerung des Tiefbauamtes ließ das Unwetter am 14. Juli 2021 Revue passieren. Am Tag der Flutkatastrophe seien zum Beispiel in Querenburg 87 Liter Regen pro Quadratmeter in 24 Stunden gefallen, wobei fast das ganze Wasser in wenigen Stunden am Vormittag und Nachmittag niederprasselte. „Das ist mehr als eine Badewanne voll“, veranschaulichte Siekmann. Spitzenreiter war an diesem Tag übrigens Stiepel mit 110 Liter pro Quadratmeter.
Idee für Neubauprojekte in Bochum
Anschließend stellte er Initiativen zum Überflutungsmanagement und Abwassernetz vor. Die sogenannte Schwammstadt bilde die Leitidee für viele Neubauprojekte in Bochum, schilderte der Entwässerungsexperte. Mit dem in asiatischen Großstädten erdachten Konzept der Schwammstadt versuchen Stadtplaner, das Regenwasser lokal aufzunehmen, zu speichern und nutzbar zu machen. Dabei kommen begrünte Dächer, Rückhaltebecken, Entsiegelung des Bodens, Versickerungssysteme und Verdunstung zum Einsatz. „Wie kann ich ein Abwassernetz aufbauen ergänzend zum Kanalnetz?“, formulierte Siekmann eine der zentralen Fragen der Stadtplaner.
Schwammstadt
Dem Konzept der Schwammstadt, einer Stadt, die Wasser speichert und wieder abgeben kann, liegt wiederum die Idee der Klimaresilienz zugrunde.Klimaresilienz bezeichnet die Fähigkeit sozial-ökologischer Systeme, die Auswirkungen und Belastungen des Klimawandels abzumildern und sich von ihnen zu erholen, indem sie ihre Strukturen und Mittel positiv anpassen und transformieren. (Quelle: Deutscher Wetterdienst)
Als konkrete Bauprojekte dieser Machart in Bochum nannte er den Vollausbau der Castroper Straße und das Neubaugebiet Ostpark in Altenbochum und Laer. Im Ostpark soll ein Wasserlauf mit Naherholungsflächen das sogenannte grün-blaue Rückgrat bilden. Siekmann stellte zudem die Starkregengefahrenkarte der Stadt vor und präsentierte die Initiative „Wasser in der Stadt von Morgen“ sowie das Netzwerk der Emscher-Städte „Klima.Werk“, die im Ruhrgebiet klimapolitische Ziele verfolgen.
Vollgelaufene Keller in Laer
Was ist mit dem Status-quo für Laer?“, eröffnete eine Anwohnerin der Laerfeldstraße die anschließende Diskussion. In der Vergangenheit hatten die Anwohner immer wieder mit vollgelaufenen Kellern zu tun wegen des unzureichenden Abwasserkanals von 1910 (die WAZ berichtete). „In Laer ist alles bebaut worden. Früher hatten wir hier die Schwammstadt, als die Felder noch da waren“, sagte ein Bürger.
Andere äußerten ihr Unverständnis über großflächige Bodenversiegelungen seitens der Stadt und Steingärten, die in anderen Städten verboten seien. Die anwesenden Starkregenberater der Stadt sagten zu, die Probleme mit dem Abwasserkanal in Laer zu einem anderen Zeitpunkt erneut mit den betroffenen Bürgern besprechen zu wollen. Siekmann betonte: „Für den Austausch sind solche Formate wie heute wichtig, um auf der einen Seite ein globales Konzept wie das der Schwammstadt vorzustellen und auf der anderen Seite die Sorgen und Nöte der Bürger zu sehen. Es ist, glaube ich, klar geworden, dass kein Kanalnetz ein Starkregen-Ereignis wie im Juli 2021 schafft. Wir müssen auch andere Wege suchen, um damit umzugehen.“
Anschließend informierte Sara Luz von der Verbraucherzentrale NRW darüber, wie sich Grundstückseigentümer vor den Folgen, die durch den Rückstau von Wassermassen entstehen, wirksam schützen können und welche rechtlichen oder versicherungstechnischen Aspekte sie beachten sollten.